Ihr Führungsstil im Beurteilungsgespräch

Unter dem Strich gibt es viele Möglichkeiten ein Beurteilungsgespräch zu führen. Zeigen Sie Ihrem Azubi auf, was er besonders gut gemacht hat.

Beurteilungsgespräch

Wann die erste Beurteilung für die neuen Azubis ansteht.

Ca. 1,3 Millionen junge Menschen machen zurzeit eine Ausbildung. Dabei haben viele im September ihre Ausbildung erst begonnen und befinden sich noch in der Probezeit. Spätestens 1 Monat vor Ende der Probezeit, also im November steht das erste Beurteilungsgespräch mit den Azubis an.

Die Fragen die sich der Betrieb und der Ausbilder stellen sind:

  • Wie interessiert ist der Auszubildende wirklich?
  • Wie belastbar ist der Auszubildende?
  • Arbeitet er gut im Team mit?
  • Kann das Ausbildungsziel erreicht werden?

Schließlich soll eine Beurteilung ja dem Ausbilder und dem Auszubildenden den Aufschluss darüber geben, ob die Berufswahl des Azubis die Richtige ist und die Mitarbeit im Ausbildungsbetrieb klappt. So zumindest die Theorie.

 

Wie sieht die Praxis der Beurteilung aus?

Selbstverständlich muss sich der Ausbilder auf das Beurteilungsgespräch sorgfältig vorbereiten. Dazu gehört:

  • Erstens, dass er Termin und Uhrzeit für das Gespräch mit dem Azubi vereinbart.
  • Zweitens, dass er genügend Zeit für das Gespräch einplant
  • Drittens, dass er seine Beobachtungen und Aufzeichnungen aufbereitet.

Oft sind jedoch Beurteilungsgespräche eine ungeliebte Pflicht für Ausbilder. Leistung zu beurteilen ist schwierig. Objektiv wollen wir sein. Und fair. Eine Beurteilung, das weiß jeder, der einmal irgendwo gearbeitet hat, hängt auch immer von der Tagesform der Führungskraft ab. Da kommen auch schon mal Gedanken auf, wie: „Was soll ich bei dem Azubi überhaupt beurteilen? Läuft doch eh alles und wir haben bisher jeden übernommen, der einigermaßen verträglich ist.“ Obwohl sich die meisten Azubis gut mit den anderen aus der Abteilung verstehen, pünktlich sind und gut mitmachen, muss dieses nervende Beurteilungsgespräch durchgeführt werden.

Schließlich naht der Tag der Beurteilung. Dementsprechend ist der Azubi meist aufgeregt und harrt der Dinge, die da kommen. Gemeinsam geht man den Beurteilungsbogen durch, kreuzt bei den verschiedenen Ausprägungen die entsprechende Punktzahl an und erklärt dem Azubi, wie man zu dieser Punktzahl kam. Am Ende kann man dem Auszubildenden noch Tipps und Tricks für das weitere Berufsleben mit auf dem Weg geben.

 

Nach welchem Führungsstil wollen Sie sich im Gespräch verhalten?

Die Führung von Auszubildenden ist eine spannende Aufgabe, die Ihren zeitlichen Einsatz erfordert. Eine gute Menschenkenntnis und Sozialkompetenz sind die Bausteine für erfolgreiches Führen von Auszubildenden. Auf jeden Fall sollten Ausbilder auch schwierige Gespräche führen können und Auszubildende fair beurteilen. Welcher Führungsstil liegt Ihnen als Ausbilder am meisten?

 

Autoritärer Führungsstil

Halten sie in der Regel mehr Abstand zu Ihrem Azubi? Dabei betonen Sie auch schon mal Ihre Vorgesetzteneigenschaft und werden bei Lob und Kritik etwas strenger. Schließlich kommen ja die Entscheidungen und Vorgaben von Ihnen als Ausbilder. Vielleicht haben Sie schon einmal bemerkt, dass Ihr Azubi mit der Zeit widerspenstiger wird. Das Einbringen eigener Ideen durch Ihren Azubi ist zwar nett, aber bringt die Sache nicht wirklich weiter. Schließlich sind Sie dafür verantwortlich, dem Azubi seine Aufgaben zu erteilen und sind für die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften im Betrieb verantwortlich. Im Beurteilungsgespräch haben sie immer eine klare Meinung über Ihren Azubi.

 

Kooperativer Führungsstil

Ihnen ist zwar Führung wichtig, aber im Grunde genommen sehen Sie sich eher als Helfer Ihres Azubis. Dabei nehmen Sie auch die Anregungen Ihres Azubis ernst und ermutigen ihn obendrein sich einzubringen. Mit anderen Worten: Sie scheuen sich nicht, das Wörtchen „bitte“ im Umgang mit Ihrem Azubi zu gebrauchen. Soweit es von der Aufgabenstellung her vertretbar ist, entscheidet bei Ihnen meistens der Azubi. Kurzum, Sie haben die Erfahrung gemacht, dass die meisten Azubis bisher sehr positiv auf Sie reagieren. In Beurteilungsgesprächen fördert Ihre offene Kommunikation das Vertrauen zu Ihrem Azubi.

 

Laissez-Faire-Führungsstil

Im Ausbildungsalltag lassen Sie am liebsten Ihre Azubis selbständig „machen“. Demzufolge liegt der Vorteil darin, dass Ihre Azubis frei und selbstbestimmt arbeiten können. Obendrein wird die Kreativität und Verantwortungsbereitschaft der Azubis gefördert, was eine Steigerung der Motivation zufolge haben kann. Manche Ihrer Azubis haben allerdings das Gefühl, zu wenig zu leisten. Andere Azubis hingegen schätzen Ihre Projektarbeiten sehr, weil sie damit endlich eigenverantwortlich arbeiten können. Im Beurteilungsgespräch soll sich Ihr Azubi vorrangig selbst bewerten. Schließlich ist es ja nicht Ihr Leben.

 

Was erwarten Azubis von einem guten Beurteilungsgespräch?

Für Azubis ist kaum etwas schlimmer als unerbetener Rat. Sicher, der Ausbilder meint es vielleicht nur gut, will helfen. Aber im Beurteilungsgespräch wirken gut gemeinte Ratschläge schnell als Bevormundung oder Angriff. Was bei dem Azubi hängen bleibt ist dann Kritik, Genörgel und Verurteilung. Ausbilder laufen Gefahr zu glauben, ihre eigene Perspektive für die bessere zu halten.

Eine Beurteilung ist dann am wirksamsten, wenn Ihr Azubi darum gebeten hat. Und das ist schon eine Seltenheit. Im offiziellen Beurteilungsgespräch wollen Azubis, dass Sie

  • das Leistungsniveau Ihres Azubis feststellen
  • die Lernerfolge Ihres Azubis benennen und würdigen
  • die künftige Anforderungen an Ihren Azubi formulieren
  • gemeinsam mit Ihrem Azubi die Weiterentwicklung planen

 

Holen Sie Ihren Azubi im Beurteilungsgespräch emotional ab

Azubis sind häufig der Beurteilung ihrer Ausbilder hilflos ausgeliefert. Denn immer da, wo es um Kritik und negatives Feedback geht, reichen die Reaktionen Ihres Azubis von Ablehnung und Ärger bis Akzeptanz und Annahme. In der Wissenschaft wird dieses Reaktionsspektrum auch als SARA-Modell bezeichnet. Dahinter verbirgt sich ein Akronym, das sich aus den vier Phasen – Shock, Anger, Resistance und Acceptance – zusammensetzt und die unterschiedlich heftig ausfallen können:

Shock (Schock) – „Kann ja gar nicht sein! …“ Der Grund ist der plötzliche Bruch zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung. Das muss der Azubi erst einmal verarbeiten.

Anger (Wut) – Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, muss die Schuld bei anderen liegen. Zum Beispiel bei miesen Umständen, fiesen Kollegen, Neidern, blödsinnigen Befragungen.

Resistance (Widerstand) – „Ich bin eben so… Das ist zu viel, das kann keiner von mir verlangen!“ So finden sich immer neue Gründe und Argumente.

Acceptance (Akzeptanz) – Der Azubi akzeptiert das Feedback und auch seinen Anteil. Jetzt ist der Weg frei für Veränderungen, wenn auch erst Tage nach dem Gespräch.

 

Ich-Botschaften formulieren mit der „WWW-Regel“

Konstruktive Kritik im Beurteilungsgespräch bleibt nie vage, sondern ist immer konkret. Verallgemeinerungen und pauschale Aussagen helfen Ihrem Azubi auch nicht weiter. Daraus lassen sich keine konkreten Handlungen ableiten. Beweisen Sie als Ausbilder, wie gut Ihr Rat wirklich ist. Sprechen Sie von Ihren persönlichen Beobachtungen und Eindrücken und sagen Sie, was Sie machen würden – nicht, was „man“ macht.

  • Wahrnehmung schildern: „Mir ist aufgefallen, dass…“
  • Wirkung erläutern: „Das hat zur Folge, dass …“
  • Wunsch formulieren: „Ich würde mir wünschen, dass….“

Einige sinnvolle Sätze könnten sein:

  • „Ich habe den Eindruck, dass…“
  • „Obwohl ich _________ sehr schätze, hat mir diesmal nicht gut gefallen, dass…“
  • „Im Vergleich zu _______ finde ich, dass …“
  • „Ich hätte mir mehr gewünscht, dass…“
  • „Besser fände ich es, wenn Sie beim nächsten Mal…“
  • „Ich würde mich freuen, wenn Sie künftig zum Beispiel…“

 

Zeigen Sie Ihrem Azubi Perspektiven auf

Ein guter Gesprächsführer baut niemals Druck auf, das schürt nur Misstrauen. Dazu gehört es, die Situation sachlich neutral zu beschreiben. Es geht auch darum, Ihrem Azubi neue und andere Perspektiven aufzuzeigen.

  • Wo sehen Sie das Verbesserungspotenzials Ihres Azubis?
  • Welche Weiterbildungen bietet Ihr Unternehmen für Azubis an?
  • Gibt es neue Aufgabengebiete, die Ihr Azubi übernehmen kann?
  • Welche anderen Themen und Anliegen beschäftigen Ihren Azubi?

Azubis zu helfen mag ein schönes Gefühl sein, es beinhaltet aber auch eine Verantwortung. Deshalb schildern Sie Ihrem Azubi die Konsequenzen Ihrer Empfehlung. Damit fällt es Ihrem Schützling leichter, die nächsten Schritte anzugehen.

 

Welche Art zu Führen im Beurteilungsgespräch ist nun die Richtige?

Eine professionelle Kommunikation ist das A & O im Beurteilungsgespräch. Eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre, ein Dankeschön für das Kommen und aktive Zuhören können sind wichtige Bestandteile.

Gleich zu Beginn sollten Sie Ihrem Azubi sagen, aus welchem Anlass das Gespräch stattfindet.

  • „Heute geht es um Ihre aktuelle und weitere Entwicklung bei uns.“
  • „Dazu sprechen wir darüber, was sehr gut läuft und wo es momentan hakt.“
  • „Ohne Ihre Einschätzung geht da nix. Wichtig ist deshalb auch Ihre eigene Meinung.“
  • „Vorgesehen hierfür sind circa 45 Minuten.“

Schildern Sie als Ausbilder auch Ihre Sicht der Dinge. Wichtig hierbei ist aber, nicht einfach nur aus dem Blauen heraus zu erzählen, sondern Ihre Aussagen mit konkreten Beispielen zu untermauern.

Beispiel: „Mir ist aufgefallen, dass nach Feierabend Ihr Arbeitsplatz unaufgeräumt bleibt. Mir bleibt dann nichts weiter übrig, als die anderen Azubis zu bitten Ihren Arbeitsplatz wieder in Ordnung zu bringen. Den anderen Azubis und mir geht es nicht gut damit, dass Sie bevorzugt behandelt werden. Wie kommt es denn dazu, dass Ihr Arbeitsplatz unaufgeräumt bleibt?“

Im Anschluss können Sie als Ausbilder mit Ihren Azubi gemeinsam ihre Standpunkte besprechen und über unterschiedliche Ansichten diskutieren. Ist das Problem erkannt, muss man es im nächsten Schritt lösen. Dazu ermuntern Sie Ihren Azubi selbstständig nach Auswegen zu suchen. Er soll formulieren, was er in Zukunft verbessern möchte. Das nimmt ihm das Gefühl der Bevormundung – und verleiht ihm Handlungsfähigkeit. Am besten eignen sich hierzu lösungsorientierte Fragen.

  • „Was können wir jetzt tun?“
  • „Wie können wir eine Lösung finden?“
  • „Was müsste passieren, damit Sie mehr Freude an Ihrer Ausbildung haben?“
  • „Welche Ideen haben Sie?“
  • „An welche Möglichkeiten haben wir noch nicht gedacht?“

Um die Stärken Ihres Azubis gezielt zu fördern ist es effektiver, wenn Sie als Ausbilder aufzeigen was Ihr Azubi besonders gut gemacht hat und wo noch Verbesserungspotenzial besteht.

Unter dem Strich gibt es viele Möglichkeiten ein Beurteilungsgespräch zu führen. Dies sind lediglich Ansätze, wie es laufen könnte. Wichtig ist es auf jeden Fall, sich auf die unterschiedlichen Situation im Gespräch einzulassen. Was das Beurteilungsgespräch am Ende bringt wissen wir alle nicht. Lassen Sie sich überraschen.

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