Erlebnisorientierte Ausbildung motiviert

Erlebnisorientierte Ausbildung bedeutet ein kreatives Lernfeuer mit Projekte, Planspiele, Leittexte, Lehrgespräche, Erkundungen oder Juniorfirmen.

Erlebnisorientierte Ausbildung

Der Ausbilder als Erlebnispädagoge?

Viele Unternehmen legen großen Wert auf eine praxis- und erlebnisorientierte Ausbildung. Dementsprechend soll mit innovativen Lehrmethoden die Freude am Lernen und die Handlungskompetenzen der Azubis gefördert werden. Daher steht Jeder Ausbilder vor der Herausforderung, Ausbildungsprozesse in fachlicher wie in pädagogischer Hinsicht zeitgemäß zu gestalten. Unter dem Strich tritt ein Ausbildungserfolg erst dann ein, wenn der Ausbilders eine tragfähige Beziehung zu seinen Auszubildenden aufbaut. Diese Beziehung fängt zum Beispiel mit einer guten Einarbeitung an.

Allerdings besteht unmittelbar nach Ausbildungsbeginn eine hohe Erwartungshaltung eines neuen Azubis, die der Realität vor allem der ersten Tage und Wochen standhalten muss. In Vorstellungsgesprächen tendieren die Gesprächspartner auf der Unternehmensseite nämlich zu einer sehr positiven Beschreibung der Ausbildungsstelle und des Arbeitsumfeldes. Der neue Azubi erwartet mithin eine fachliche und persönliche Starthilfe in seine neue Ausbildung. Schließlich möchte er möglichst bald selbstständig arbeiten und zum Arbeitsteam dazugehören. Damit von Anfang an das Wir-Gefühl bei den Azubis erzeugt wird, geht es neben dem ersten Kennenlernen auch darum, ein kreatives Lernfeuer zu entfachen. Aus diesem Grund sollten Workshops, Rollenspiele, Gruppenübungen und Projekte zum Repertoire des Ausbilders gehören.

 

Azubis lernen etwas zu tun, indem sie es tun

 

Viele wissen wie es geht, können es aber nicht

„Erst mal muss man den Lernenden erklären, wie es richtig geht und die Theorie dazu vermitteln. Wer eine Sache weiß, einen Zusammenhang begriffen und gedanklich erfasst hat, der wird – so die stillschweigende Annahme – auch in diesem Sinne handeln. Allerdings, wieso werden z.B. Sicherheitsvorschriften missachtet, obwohl darüber ausführlich belehrt (und möglicherweise sogar eine Prüfung abgehalten) wurde? Deshalb führt gelerntes Wissen keineswegs immer und selbstverständlich zu entsprechendem Handeln: „Viele Azubis wissen also wie es geht, können es aber nicht“

 

Fahrradfahren als Beispiel für einen praktischen Lernprozess

Um neu oder verändert zu handeln, genügt es also offenbar nicht, lediglich neues Wissen und Denken aufzunehmen. Mit ziemlicher Sicherheit hat jeder von uns das Fahrradfahren gelernt, indem er sich aufs Fahrrad gesetzt und es probiert hat. Das hat nicht immer auf Anhieb geklappt, und einige Stürze und aufgeschürfte Knie waren unvermeidlich, aber letztlich ging es dann irgendwann. Hilfreich war dabei vielleicht die stützende Hand eines Erwachsenen, der manchen Sturz verhüten konnte, bevor wir das richtige Gefühl für die Balance ausgebildet hatten – aber lernen mussten wir selber, und zwar ohne Theorie, allein durch Tun.

 

Neues Aneignen mittels üben

Sobald man etwas Neues versucht, trifft dieses logischerweise auf den geballten Widerstand des Alten. Es dauert eine längere Zeit, bis die neue Handlung, die neue Vorgehensweise, Haltung, Fähigkeit usw. wirklich selbstverständlicher individueller Besitz geworden ist. Meist hat man das Neue zunächst einmal nur als Idee im Kopf, man ist kurzfristig davon begeistert, man hat etwas begriffen, aber man „hat“ es noch nicht. Eine neue Fähigkeit muss erst vom Erkennen und Verstehen in die selbstverständliche Verfügbarkeit, die Gewohnheit gelangen, sie muss in Fleisch und Blut übergehen. Das erfordert meist längeres Üben, und dieses Üben ist erst einmal mit dem Erlebnis verbunden, dass man das Neue zwar begriffen hat, es aber eben noch nicht „kann“.

Erlebnisse des Versagens, der Unfähigkeit sind beim Üben unausweichlich, immer wieder gibt es Niederlagen, weil man es immer noch nicht schafft. Das ist kein Zeichen von individueller Lernschwäche, sondern das gehört zum lernenden Umbau der eigenen Fähigkeitsgestalt. Beharrlichkeit ist jetzt eine wichtige Lernvoraussetzung, denn man kann sich nur allmählich an die neuen Fähigkeiten herantasten, sie in immer wieder neuen Situationen auf die Probe stellen, immer wieder neu ansetzen, wenn es noch nicht geklappt hat. Hier liegt ein großes Risiko, sich vorzeitig entmutigen zu lassen und aufzugeben.

Übende Lernprozesse erfordern, dass man langsam, Schritt für Schritt vorgeht – aber gerade dem widerspricht oft der Zeitdruck: Man nimmt sich einfach nicht die Zeit zum Üben. Üben ist anstrengend, mühsam, schnell langweilig und wenig motivierend, weshalb sich Lernende immer wieder darum zu drücken versuchen. Irgendwann im Verlauf des Lernprozesses bewähren sich die neuen Fähigkeiten und man kann im Neuen handeln. Schließlich erhält man positives Feedback von Kollegen oder den Menschen, mit denen man arbeitet. Dieser Erfolg beflügelt, die ärgste Durststrecke des Lernens (das Üben) liegt nun hinter einem, ab jetzt kann man es!

 

Zwischenfazit: Lernen kann nicht von außen „gemacht“ werden

Das lernende Handeln findet ausschließlich im Lernenden statt und ist allein seine Angelegenheit: Lernen von Handlungen geht nicht aus einer Belehrung hervor, kann gar nicht von Lehrern vermittelt werden, sondern muss immer von den Lernenden selbst erarbeitet werden. Von außen, vom Lehrer, ist diese innere Auseinandersetzung nicht ersetzbar. Deshalb ist Lernen grundsätzlich ein aktiver Vorgang, welcher Eigeninitiative und aktive Beteiligung des Lernenden erfordert. Leider kann der eigene Lernwille durch nichts ersetzt werden. Weiterhin kann Lernen auch nicht von außen „gemacht“, inszeniert oder hergestellt werden. Wo keine Anforderung, kein Widerstand, keine Belastung besteht, besteht auch kein Grund zum Lernen. Denn, wenn alles glattgeht und man alles im Griff hat, gibt es keinen Anlass, etwas zu lernen.

 

Ausbilder müssen für Herausforderungen sorgen

Nicht jede Lernherausforderung kann einfach aus eigener Kraft gemeistert werden, sondern manchmal kann es ganz hilfreich sein, wenn es jemanden gibt, der einem Hilfen gibt, um über die Hürden zu kommen. Aber: Darüber kommen muss man auf jeden Fall selber! Baut dieser Helfer vor lauter Hilfsbereitschaft die Hürden gleich ab, oder hebt er den Lernenden gleich ganz hinüber, hat er nicht beim Lernen geholfen, sondern er hat Lernchancen zerstört und damit Lernprozesse verhindert. Fragen zu beantworten, die keiner hat, ist grundsätzlich sinnlos und trägt nichts zum Lernen bei. Deshalb sind externe Hilfen nur sinnvoll, wenn sie vom Lernenden erbeten werden, weil er in seiner Handlungssituation auf die entsprechende Frage gestoßen ist.

Ausbilder: „Ich lehre Handlungen dadurch, dass ich meinen Azubi in Situationen bringe, die er bewältigen lernen soll.“ Hierzu eigenen sich sehr gut Projektaufgaben, Planspiele, Leittextaufgaben, Lehrgespräche, Erkundungsaufgaben, Rechercheaufträge, Experteninterviews oder Juniorfirmen.

 

Erstes Beispiel: Projektaufgaben

Das Lernen in Projekten ermöglicht den Auszubildenden eine komplexe und reale Aufgabe aus dem betrieblichen Geschehen in eine ganzheitliche Handlung auszuführen. Projektaufgaben können sein:

  • einen Tag der offenen Tür vorbereiten und gestalten
  • eine Maschinensteuerung aus der Metallverarbeitung optimieren
  • eine Checkliste zur Einstellung neuer Mitarbeiter entwickeln
  • einen Verkaufsraum in einem Kaufhaus neu gestalten
  • eine Kampagne zur Gesundheitsförderung im Unternehmen planen

 

Die Stufen einer Projektarbeit

Information: Definition der Projektaufgabe durch den Ausbilder.
Wer von den Auszubildenden ist am Projekt beteiligt? Brauchen die Azubis Vorkenntnisse? Ebenso die Fragen: Wieviel Zeit steht für das Projekt zur Verfügung? Welche Räumlichkeiten können die Auszubildenden nutzen? Wer sind die Ansprechpartner? Welche Arbeitsmaterialien stehen zur Verfügung?

Selbstständige Planung des Projekts durch die Auszubildenden.
Die Auszubildenden planen das Projekt selbstständig und nehmen eine Arbeitsteilung vor. Der Ausbilder steht als Berater oder Moderator zur Verfügung.

Durchführung des Projekts nach der selbst erstellten Planung.
Aufgrund der selbsterstellten Planung setzen die Auszubildenden nun eigenständig das Arbeitsvorhaben in die Praxis um. Der Ausbilder gibt bei Bedarf Hilfestellung.

Selbstständige Kontrolle des Projektergebnisses durch die Auszubildenden.
Die Auszubildenden kontrollieren selbstständig das Projektergebnis.

Beurteilung und Dokumentation des Projektes gemeinsam mit dem Ausbilder.
Schließlich wird das Projektergebnis gemeinsam mit dem Ausbilder beurteilt. Wie hat die Zusammenarbeit innerhalb der Projektgruppe funktioniert? Welche Erfahrungen haben die Auszubildenden gesammelt? Wie hat die Kooperation mit den beteiligten Abteilungen funktioniert? Ebenso die Fragen: War die ursprünglich geplante Zeitvorgabe realistisch? Welche Probleme konnten von den Auszubildenden nicht gelöst werden?

 

Zweites Beispiel: Leittextaufgaben

Leittexte sind Aufgabenblätter zu einem bestimmten Thema, die von Auszubildenden selbstständig und eigenverantwortlich bearbeitet werden. Basierend auf dem Modell der vollständigen Handlung sollen die Auszubildenden dabei einen Arbeitsauftrag in sechs Schritten durchführen.

 

Die sechs Schritte der Leittextaufgabe sind:

  • Informieren: Ausgangssituation, Lernziel , zeitlicher Rahmen, Ansprechpartner Die Auszubildenden erhalten z.B. Fachbücher, Gebrauchsanweisungen, Zeichnungen, Bilder, Filme und Leitfragen, die Ihnen die notwendigen Kenntnisse vermitteln.
  • Planen: selbstständige Planung durch die Auszubildenden mithilfe der Leitfragen Die Auszubildenden erhalten Unterlagen, z.B. vorgedruckte Arbeitspläne, in denen Arbeitsschritte, Kontrollkriterien, Arbeitsaufteilung, Zeit und Arbeitsmittel enthalten sind.
  • Entscheiden: Konzept wird dem Ausbilder vorgelegt, Prüfung, ggf. Ergänzungen Der Ausbilder führt z.B. ein Gruppengespräch mit den Auszubildenden durch, damit ein Arbeitsplan festgelegt und Entscheidungen von den Auszubildenden getroffen werden.
  • Durchführen: Auszubildende setzen selbst das Konzept in einen realen Einsatzplan um Die Auszubildenden setzen den Arbeitsplan um und werden durch Leitsätze begleitet.
  • Kontrollieren: Kontrollfragen vom Ausbilder, Auszubildende überprüfen selbstständig Die Auszubildenden kontrollieren ihr Arbeitsergebnis selbstständig und ermitteln Soll-Ist-Abweichungen mithilfe von Kontrollbögen.
  • Bewerten: gemeinsam mit dem Ausbilder, Ablauf, Vollständigkeit, Umsetzbarkeit Der Ausbilder führt Feedbackgespräche mit den Auszubildenden, in denen die Ergebnisse und die Arbeitsabläufe anschließend reflektiert werden.

Unter dem Strich bietet eine Leittextmethode dem Azubi reichlich Spielraum für eigene Wege hinsichtlich Reihenfolge, Zeiteinteilung, Auswahl und Erweiterungen der Aufgabe. Das ist vielleicht der beste Weg, um Auszubildende zum selbständigen Lernen zu befähigen und Lernmotivation und Arbeitsfreude zu steigern.

 

Drittes Beispiel: Erkundungsaufgaben

Viele Unternehmen halten die Vermittlung bestimmter Grundlagen für notwendig, bevor die Ausbildung in der betrieblichen Praxis erfolgen kann. Dementsprechend ist es mit Erkundungsaufgaben möglich, auch berufliche Grundlagen in betrieblichen Leistungsprozessen zu vermitteln. Die Vermittlung von Grundlagen in der Praxis ist aus zwei Gründen besonders schwierig:

  • Auszubildenden bringen keine oder nur geringe Vorerfahrungen mit.
  • Berufliche Grundlagen kommen üblicherweise in der Praxis nicht vor.

 

Manches, was man noch nicht weiß, kann man selbst herausfinden.

Zum Beispiel durch das Lesen von Dokumentationen, Prozessbeschreibungen, Gebrauchsanleitungen, bereits fertigen Dokumenten. Mit Erkundungsaufgaben können Ausbilder einen Auszubildenden gezielt losschicken, um bestimmte Informationen einzuholen, bevor dieser mit der eigentlichen Arbeitsaufgabe beginnt. Aber auch andere Aufgaben eigenen sich, wie z.B. an der Vorbereitung einer Abteilungsbesprechung mitzuwirken, die Präsentationsunterlagen für einen Kunden zusammenzustellen oder am Protokoll eines Qualitätszirkels mitarbeiten. Geeignet sind vor allem Zuarbeiten, bei denen der oder die Auszubildende noch nicht die Verantwortung für das Endprodukt tragen muss.

 

Ein Erkundungsauftrag umfasst folgende Schritte:

  • Ausbilder und Azubi suchen gemeinsam eine passende Arbeitsaufgabe aus.
  • Der Azubi aktiviert selbst, was er dazu schon weiß und notiert offene Fragen.
  • Der Azubi plant selbständig, wie er die Aufgabe zu lösen gedenkt.
  • Dieser Plan wird gemeinsam besprochen und Kontrollpunkte werden vereinbart.
  • Gibt man als Ausbilder die Planung frei, beginnt der Azubi mit der Arbeit.
  • Nach Abschluss bespricht man gemeinsam das Arbeitsergebnis.

So gibt man dem Auszubildenden die Möglichkeit, selbständig herauszufinden, wie eine Arbeit erledigt werden muss. Statt z.B. zu erklären, welche Bestandteile ein Geschäftsbrief hat, analysiert die/der Azubi mehrere Geschäftsbriefe und findet selbst heraus, welche Angaben in einem Geschäftsbrief enthalten sein müssen. Schließlich werden alle Fragen, auf die der Auszubildende keine Antwort gefunden hat, mit dem Ausbilder besprochen. Für den Ausbilder ist das die Gelegenheit in einem Lehrgespräch die noch offenen Fragen vom Auszubildenden teilweise selbst beantworten zu lassen.

 

Viertes Beispiel: Lehrgespräche

Das Lehrgespräch ist eine fragend entwickelnde Ausbildungsmethode. Die Gesprächsführung liegt anfangs beim Ausbilder und die Auszubildenden tragen ihre Erfahrungen zu dem gestellten Thema bei. Der Ausbilder führt in das Thema ein, erklärt das Gesprächsziel, erfragt die Erfahrungen der Auszubildenden und fasst zusammen oder lässt zusammenfassen. Die Auszubildenden bringen ihre Erfahrungen vor und bemühen sich im Gespräch um die Klärung der Thematik.

 

Anwendungsbereiche des Lehrgesprächs

Das Lehrgespräch ist vor allem in kaufmännischen Berufen von großer Bedeutung, wie zum Beispiel beim Zahlungsverkehr und der Buchhaltung. Aber auch zum Lehren und Lernen von komplexen Themen. Das Lehrgespräch erlaubt:

  • nachzudenken, zu vergleichen, zu urteilen
  • Sprache und Ausdruck zu fördern
  • das Verständnis der betrieblichen Vorgänge zu vertiefen und auszuwerten
  • Denklücken zu schließen und Missverstandenes zurechtzurücken
  • Überblicke zu vermitteln, Zusammenhänge des Betriebsgeschehens aufzuzeigen
  • Beziehungen des Betriebs zur Gesamtwirtschaft sichtbar zu machen
  • eine berufsbezogene Allgemeinbildung zu fördern

 

Durchführung des Lehrgesprächs

Einleitung | Als erstes begrüßen Sie Ihren Azubi. Dazu gehört ein kleiner Small Talk und die Vorstellung des Themas. Danach benennen Sie die Lernziele der Ausbildungseinheit.

Gesprächsführung | Auf jeden Fall wiederholen Sie kurz die Fakten zum Thema und knüpfen an Erfahrungen Ihres Azubis an. Indem Sie offene Fragen (Warum? Wie? Wo? Wann? Was?) stellen setzen Sie sprachliche Impulse. Allerdings geht die Frage bei Gruppen an alle Auszubildenden. Bevor Sie weiterführende Fragestellungen einsetzen, geben Sie Ihren Azubis ausreichend Zeit zum Überlegen.

Zusammenfassung | Zum Ende hingegen, fassen Sie die wesentliche Inhalte, auch gerne gemeinsam mit Ihrem Azubi, zusammen. Dementsprechend benutzen Sie am Besten Visualisierungsmittel wie z. B. Metaplankarten, Pinnwand, Whiteboard oder Mindmaps. Zuletzt geben Sie Ihrem Azubi einen Ausblick auf die nächste Ausbildungseinheit und danken ihm für die aktive Mitarbeit.

 

 

Fünftes Beispiel: Juniorfirmen

Die „Juniorfirma“ ist eine auf Dauer angelegte „Learning by Doing“ Methode. Dabei lernen die Auszubildenden selbstständig und eigenverantwortlich unter den Bedingungen eines realen Unternehmens zu arbeiten. Beispielsweise arbeiten die Auszubildenden selbständig und eigenverantwortlich in den Bereichen: Produktion, Marketing, Disposition, Vertrieb und Personalwesen. Infolgedessen werden durch die Arbeit in der Juniorfirma die fachlichen Qualifikationen und Kompetenzen der Auszubildenden entwickelt. Aber auch Teamgeist, Verantwortungsgefühl und Selbststeuerungsfähigkeit sollen gefördert werden.

 

Welchen Nutzen bringt die Methode: Juniorfirma mit sich?

  • Integriert Azubis aus dem gewerblichen und dem kaufmännischen Bereich.
  • Verbindet unmittelbar Arbeiten und Lernen.
  • Lehrt die Azubis wirtschaftliches Denken und Handeln.
  • Fördert handlungsorientiert die Personal- und Sozialkompetenz der Azubis.
  • Zeigt den Ausbildern unerwartete Kompetenzen von Ihren Azubis.

 

Welche Bedingungen braucht eine Juniorfirma?

  • Realitätscharakter: eigene Räume, eigene Produkte, eigener Markt.
  • Eigenständigkeit: Verantwortung der Firma liegt bei den Auszubildenden.
  • Rechtsform: keine rechtliche Selbständigkeit.
  • Wechselprinzip: Azubis nehmen für z.B. 10 bis 12 Wochen teil.
  • Dauer: auf Dauerhaftigkeit angelegt.
  • Größe: mindestens 15 bis 20 Auszubildende.

 

Handlungsschritte zum Aufbau einer Juniorfirma

Unter dem Strich gibt es leider keine Standardlösung für die Einrichtung einer Juniorfirma. Demzufolge sollten sich Azubis und Ausbilder gemeinsam mit folgenden Fragen auseinandersetzen:

  • Was ist der Gegenstand der Juniorfirma?
  • Welchen Markt wollen wir bedienen?
  • Welche Azubis werden wie lange eingebunden?
  • Welche Räumlichkeiten können die Azubis nutzen?
  • Wer ist beteiligt und wessen Zustimmung ist von nöten?

Schließlich ist die Juniorfirma ist eine „reale Firma“. Azubis stellen beispielsweise verkaufsfähige Produkte her und verkaufen diese auf einem Markt. Dabei entstehen Kosten und Ausgaben. Die Azubis üben den Umgang mit Geld und Konten, die Kunden persönlich zu betreuen und Verhandlungen zu führen. Weiterhin gehen sie irgendwie mit Reklamationen um. Dabei sind die Azubis eigenständig für diese Aufträge und Probleme verantwortlich. Folglich liegen auch die Finanz- und Ressourcenverwaltung in ihrer Hand.

 

„Lernen durch tun“ ist auch immer entdeckendes Lernen

Beim entdeckenden Lernen ist der Azubi nicht passiv-empfangend, sondern alles hängt von seiner Aktivität ab: Er muss sich in Bewegung setzen und kann nicht darauf warten, dass sein Ausbilder ihn mit vielen Weisheiten „füllt“. Entdeckendes Lernen ist mit sehr vielen kleineren und größeren Versuch- und –Irrtum-Phasen verbunden. Es ist wahrscheinlich, dass der Lernende dabei nicht auf dem kürzesten Weg zum Erfolg kommt. Folglich bedeutet jeder Umweg, dass er Neues über die Sache und über sich gelernt hat. Allerdings werden beim entdeckenden Lernen alle die Fähigkeiten und Vorkenntnisse mobilisiert, die der Lernende schon hat und auf die er jetzt zurückgreift. Schließlich ist das nur ein kleiner Trost, wenn der Lernende dadurch sich auf wenigstens einen kleinen Teil auf Bekanntes verlassen kann.

Erlebnisorientierung beim Lernen ist besonders in den kaufmännischen Bereichen, bei Banken, Versicherungen, vor allem aber in der Erwachsenenqualifizierung notwendig. Hier sind praxisferne Lernveranstaltungen längst zum Problem geworden. Ein Problem, das weder durch modernere Technik (E-Learning), noch durch Dozenten aus der Praxis zu beheben ist. Schließlich geht es darum neuen „Stoff“ aufzunehmen. Am Ende werden in solchen Aus- und Weiterbildungen niemals reale Handlungsprobleme gelöst. Handlungsprobleme, wie zum Beispiel der Umgang mit einem schwierigen Kunden, eine Teamzusammenarbeit, wenn es wirklich drauf ankommt oder einen wichtigen Vertragspartner von der neuen Dienstleistung zu überzeugen. Der Übergang von einer praxisfernen Lernveranstaltung in die berufliche Realität ist deshalb oft mit einem „Praxisschock“ verbunden.

 

Wenn du einem Menschen helfen willst, gib ihm die Angel, nicht den Fisch

Immerhin hatte 500 v. Chr. Konfuzius bereits seine Meinung über Bildung kundgetan. „Gib einem Mann einen Fisch und du ernährst ihn für einen Tag. Lehre einen Mann zu fischen und du ernährst ihn für sein Leben.“ Übrigens beinhaltet der Begriff von Bildung nach Konfuzius nicht die Anhäufung von Wissen. Nach seiner Auffassung ist Bildung vielmehr ein lebendiger Prozess und ermöglicht es jedem Menschen, sich weiterzuentwickeln. Dabei geht es um Hilfe, die hilft sich selbst zu helfen.

Das Bild vom geschenkten Fisch (Wissen) und im Vergleich dazu das Bild vom Fischer (Lernender), der für seinen Lebensunterhalt (Erkenntnis) selbst sorgt, macht vieles deutlich. Zum Beispiel, dass direkte Hilfeleistungen (Lernstoff und Informationen) ihre Grenzen haben. Meint Konfuzius, dass Lernen der Königsweg zu gerechtem Tun und zu einer Haltung der Entschlossenheit ist?

In unserer heutigen Wissensgesellschaft verhalten wir Menschen uns oft wie Fischer, die am gedeckten Tisch verhungern. Jeder weiß wo es steht (Wikipedia, Google, Lexika) und hat dank moderner Technik (Internet und Smartphone) Zugang zu schier unendlichem Wissen. Dann kommt eine Situation und ich versage, obwohl ich doch weiß, wie es richtig gehen soll. Manche Fehler im Leben macht man nur einmal. Eine zweite Chance scheint es nicht zu geben. Das wäre so, als ob man die Zeit wieder zurückdrehen kann oder den Versuch unternimmt verschüttetes Wasser wieder einzufangen.

 

Ausbilder, die Azubis lehren das Leben zu meistern, bewirken viel

Warum tun Azubis in manchen Situationen nicht das rechte, obwohl sie doch wissen, wie es richtig geht? Vielleicht, weil sie sich noch nie auf den Weg gemacht haben es selbst auszuprobieren. Klar, die Ausbilder haben Schuld, diese Wissensverräter. Sie haben dem Azubi alles gesagt, aber nie haben sie ihn auf den Weg geschickt es selbst herauszubekommen. Andererseits hat der Azubi sich auch nie richtig die Zeit genommen und sich erlaubt zu scheitern. Sonst hätte er es ja erlebt, wie es ist, danach wieder aufzustehen und daraus zu lernen. Und es wieder von vorne auszuprobieren.

Genau an der Stelle, wo der Azubi sich mit der richtigen Lernaufgabe selbst helfen könnte, kommt die Ausbildung ins Spiel. Wer andere lehrt, das Leben zu meistern, wer ihnen die wirksame Unterstützung gibt für ihr eigenes Tun, bewirkt auf Dauer mehr als jeder barmherzige Spender. Es bedeutet, für die Zukunft zu arbeiten und dem Beschenkten seine Würde zu lassen, aber auch, ihn zu fordern und Mitarbeit von ihm zu erwarten. Zum Beispiel mit selbstbestimmten Lernen, autonomen Lernen, autodidaktischem Lernen, selbstgestaltetem Lernen, selbstorganisiertem Lernen, selbstsorgendem Lernen oder eben dem selbstgesteuerten Lernen. Mehr zu diesem Thema im Blogbeitrag: Geben Sie Ihrem Azubi die Freiheit zum Lernen Teil 3.

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