Bildungscontrolling aus unternehmerischer Sicht
Die Kosten einer Bildungsmaßnahme sind sehr schnell und einfach quantifizierbar. Vom Nutzen von Personalentwicklungsmaßnahmen und deren Wertschöpfungsbeitrag für das Unternehmen kann man das nicht sagen. Es besteht nicht nur das Problem der Quantifizierung von Nutzen, erschwerend kommt hinzu, dass die Wirkung einzelner Maßnahmen gar nicht oder nur langfristig nachweisbar ist.
Produziert ein Mitarbeiter nach einer Unterweisung an einer neuen Maschine zehn Stück mehr, lässt sich der Nutzen für das Unternehmen noch relativ genau quantifizieren. Schwieriger wird es, den Erfolg eines Konflikttrainings zu quantifizieren. Erst recht, wenn aktuell keine Konflikte auftreten.
Trotzdem gibt es Möglichkeiten Steuerungs- und Kontrollinstrumenten zu nutzen, mit denen sie investierte Gelder bedarfsgerecht verteilt und deren Verwendung begründet werden kann. Das ausschließlich kostenorientierte klassische Finanzcontrolling erscheint im Bereich der Aus- und Weiterbildung nur eingeschränkt verwendbar. In vielen Unternehmen wird dennoch versucht, Bildung in einzelne betriebswirtschaftliche Kennzahlen zu kategorisieren. Dazu werden Werte erfasst, die in erster Linie aus dem Leistungserstellungsprozess stammen, wie z.B.:
- Produktivität,
- Umsatz pro Mitarbeiter,
- Verringerung der Nacharbeit oder
- Anzahl der Beschwerden pro Monat.
Welche Kosten-Nutzen-Relationen gibt es?
Diese Kennzahlen werden vor und nach der Maßnahme erhoben. Aus den Ergebnissen bzw. deren Veränderung wird versucht, auf den Erfolg einer Maßnahme zu schließen. Das gleiche kostenorientierte Vorgehen wird genutzt, wenn es darum geht, mithilfe bestimmter betriebswirtschaftlicher Kosten-Nutzen-Relationen Auskünfte über den Erfolg der Weiterbildung zu geben:
- Einhaltung des Finanzbudgets,
- Anzahl der durchgeführten Maßnahmen,
- durchschnittliche Honorare für externe Trainer und Dozenten,
- Anzahl der Seminartage pro Mitarbeiter,
- durchschnittliche Kosten für internes Aus- und Weiterbildungspersonal,
- Anzahl der durchschnittlichen Bildungskosten pro Tag und Mitarbeiter,
- Kosten der ausgefallenen Arbeitszeit,
- Kosten für die Berufspädagogen bzw. Personalentwickler.
Allerdings stellt sich die Frage, welchen Aussagewert diese Kennzahlen haben. Was bringt es z.B., wenn die Anzahl der Seminartage pro Mitarbeiter und damit die Kosten der ausgefallenen Arbeitszeit im Vergleich zum Vorjahr gesunken sind, die Mitarbeiter aber gar nicht in der Lage sind, in der verkürzten Zeit das von ihnen verlangte Wissen aufzunehmen und dadurch der Transfer in die Praxis misslingt? Was nützt es, wenn die Kosten für externe Trainer und Dozenten im Vergleich zum Vorjahr gesunken sind, weil sie beispielsweise durch einen internen Trainer ersetzt wurden, sich aber herausstellt, dass dieser nicht über die pädagogischen Fähigkeiten verfügt, Wissen zu vermitteln?
Weiterbildungsmaßnahmen erhalten erst dann einen wirtschaftlichen Wert, wenn sich der in ihnen vermittelte Kompetenzzuwachs in der Arbeitsleistung widerspiegelt, also ein Transfer vom Lernfeld in das Arbeitsfeld stattgefunden hat.
Wer trägt eigentlich das Risiko einer Weiterbildungsmaßnahme?
Vor allem kleine und mittlere Unternehmen versuchen, das Risiko auf null zu senken, indem sie die Kosten ausschließlich auf die Mitarbeiter abwälzen. Aufgrund der zum Teil sehr hohen Kosten für berufsbegleitende Qualifizierungsmaßnahmen, stellt dies für die Mitarbeiter oft keine sinnvolle Option dar. Befragt man Mitarbeiter zu ihren Kündigungsgründen führen diese häufig nicht angebotene, nicht genehmigte oder nicht finanzierte Weiterbildungsmaßnahmen an.
Wie soll nun aber die Entscheidung erfolgen, wem welche Maßnahme finanziert wird? Zu einer Entscheidung kann es auf zwei Wegen kommen: Entweder erfolgt eine Potenzialanalyse durch das Unternehmen und es wird eine spezielle Weiterbildungsmaßnahme auf das gefundene Potenzial des Mitarbeiters abgestimmt. Oder der Mitarbeiter fragt eine bestimmte Weiterbildungsmaßnahme nach.
Was sind die Vorteile der Finanzierung durch einen Bildungsfonds?
Bildungsfonds für das Unternehmen: Der Zuschuss, den das Unternehmen zu dieser Weiterbildungsmaßnahme zahlt, ist nur in dem Zeitraum zu entrichten, in dem der höher qualifizierte Mitarbeiter zur Verfügung steht. Er ist zudem in seiner Höhe einfach zu kalkulieren. Dies entspricht dem geforderten Prinzip der Risikominimierung. Aufgrund der (teilweisen) Übernahme der Kosten erfolgt außerdem eine psychologische Bindung des Mitarbeiters an das Unternehmen.
Bildungsfonds für den Mitarbeiter: Dem Mitarbeiter wird die von ihm gewünschte und zum Teil recht teure Weiterbildungsmaßnahme finanziert. Zudem ist er vor einer finanziellen Überbelastung geschützt, da die Rückzahlungsrate einkommensabhängig berechnet wird.
Bildungsfonds an sich: Der Kreditgeber strebt einen hohen Kapitalrückfluss an und ist damit auch an einer möglichst guten Entwicklung des Lernenden interessiert. Aus diesem Grunde werden in der Regel zusätzliche, kostenlose Qualifizierungsmaßnahmen angeboten, wie z. B. Vernetzungsmöglichkeiten und Mentoring-Programme.
Beispiel: Lehrgang zum „Geprüften Wirtschaftsfachwirt (IHK)“
In diesem Fall ist von einem gewissen Eigeninteresse der Mitarbeiter auszugehen, da sie ihren „Marktwert“ unternehmensunabhängig steigern können. Soll das Risiko nun minimiert werden, muss der Mitarbeiter an der Finanzierung beteiligt oder langfristig an das Unternehmen gebunden werden. Neben der Anwendung der Bindungsklausel gibt es weitere Wege, von denen hier zwei näher betrachtet werden: der Studienkredit und der Bildungsfonds.
Bei der Gewährung eines Studienkredits durch das Unternehmen werden für den Arbeitnehmer (Kreditnehmer) sowohl Auszahlungsraten, Zinsen als auch ein Tilgungsplan festgelegt. Studienkredite haben den großen Vorteil, dass sie sehr gut planbar sind. Der Nachteil liegt in ihrer geringen Flexibilität. Ratenzahlungen sind auch dann fällig, wenn der erwartete Karrieresprung nicht die erwartete Einkommenssteigerung brachte. Aufgrund der allgemeinen Risikoaversion der Mitarbeiter wird unter diesen Bedingungen zum Teil sowohl auf die Finanzierung als auch auf die Maßnahme verzichtet.
Eine Variante, das Risiko sowohl auf der Seite des Unternehmens als auch auf der Seite des Mitarbeiters zu reduzieren, stellt der Bildungsfonds dar. Statt Raten, Zinsen und Termine zu fixieren, arbeitet ein Bildungsfonds mit einem einkommensbezogenen Berechnungsprinzip der Rückzahlung. Zunächst schließt der Mitarbeiter mit dem Anbieter des Bildungsfonds einen Vertrag zur Finanzierung der Weiterbildungsmaßnahme. Erst nach der Maßnahme beginnt für den Mitarbeiter die von seinem (Brutto-)Einkommen abhängige Rückzahlungsphase. Gleichzeitig erfolgt zwischen dem Mitarbeiter und dem Unternehmen eine Zusatzvereinbarung. Diese beinhaltet, dass das Unternehmen die Rückzahlungen für den Zeitraum des bestehenden Arbeitsverhältnisses in voller Höhe oder zu einem festgelegten Prozentsatz übernimmt.
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