Ausbildungsvertrag. Welche Pflichten haben Ausbildende?

Ausbildungsvertrag und die daraus resultierenden Pflichten für den Ausbildenden. Für mehr Durchblick in die Fragen der AEVO Prüfung.

Ausbildungsvertrag

Eine Frage vorweg zum Ausbildungsvertrag

Bianca: Bevor wir mit den Pflichten aus dem Ausbildungsvertrag starten, habe ich noch eine wichtige Frage.

Andreas: Na, dann leg mal los.

Bianca: Ist denn ein mündlich geschlossener Ausbildungsvertrag gültig?

Marcel: Steht im Grundgesetz nicht drin, dass jeder mit jedem Verträge schließen darf, und zwar unabhängig der Form. Bedeutet das nicht auch mündlich?

Andreas: Das ist völlig richtig. Und damit ist die sogenannte Formfreiheit gemeint. Allerdings gibt es drei Ausnahmen.

Bianca: Und welche sind das?

Andreas: Verträge nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, befristete Verträge nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz und Ausbildungsverträge nach dem Berufsbildungsgesetz, müssen schriftlich vereinbart werden.

Bianca: Dann ist also ein mündlich geschlossen Ausbildungsvertrag gar nicht gültig?

Andreas: Solange die Ausbildung noch nicht begonnen hat, ist er auf jeden Fall gültig. Denn zu einem Vertrag braucht es ja lediglich zwei übereinstimmende Willenserklärungen. Und im Paragraf elf Berufsbildungsgesetz ist die Rede davon, dass spätestens vor Beginn der Berufsausbildung der Vertrag schriftlich vorliegen muss.

Marcel: Na, das sind ja wieder mal Spitzfindigkeiten. Das fängt schon wieder gut an.

 

Welche Pflichten hat denn nun der Ausbildende?

Andreas: Ich habe hier mal 13 verschiedene Pflichten zusammengetragen. Starten wir gleich mit der ersten.

 

01. Die ärztliche Untersuchung bei Jugendlichen

Andreas: Wenn es sich um einen Jugendlichen Auszubildenden handelt, dann muss der Ausbildungsbetrieb sich vor Beginn der Ausbildung die Bescheinigung der ärztlichen Untersuchung vorlegen lassen.

Bianca: Ist das so eine Art Eignungsuntersuchung, ob der Azubi den Beruf überhaupt ausführen darf?

Andreas: Nein. Die ärztliche Untersuchung nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz gilt für alle Jugendlichen Azubis unter 18 Jahre.

Marcel: Gibt es hierfür Fristen die eingehalten werden müssen?

Andreas: Ja, diese ärztliche Untersuchung darf maximal 14 Monate vor Ausbildungsbeginn ausgestellt worden sein. Und wenn der Azubi auch während der Ausbildung noch weitere 14 Monate unter 18 ist, dann braucht es auch eine weitere ärztliche Untersuchung.

Bianca: Gibt es für die ärztliche Untersuchung Spezialärzte?

Andreas: Nein. Es muss einfach ein zugelassener Arzt für Allgemeinmedizin sein. Im Grunde genommen wird auch nur überprüft, ob die Vitalfunktionen in Ordnung sind.

Marcel: Und die nächste Pflicht für den Ausbildungsbetrieb?

 

02. Anmeldung zur Berufsschule

Andreas: Der Ausbildungsbetrieb, muss den Auszubildenden bei der zuständigen Berufsschule anmelden. Das geht aus den Landesschulgesetzen hervor.

 

03. Anmeldung bei der Sozialversicherung

Bianca: Dann muss der Azubi ja sicher auch bei der Sozialversicherung, also der Krankenkasse, angemeldet werden.

Andreas: Ja genau, das ist die dritte Pflicht.

 

04. Ausbildungsplicht als Hauptpflicht

Die vierte Pflicht ist eine Hauptpflicht aus dem Vertrag. Die Rede ist von der Ausbildungspflicht.

Marcel: Das sollte ja wohl selbstverständlich sein.

Andreas: Naja, manche Ausbildungsbetriebe verwechseln Azubis mit billigen Arbeitskräften. Bei der Ausbildungspflicht muss der Ausbildende entweder selbst ausbilden oder einen persönlich und fachlich geeigneten Ausbilder damit beauftragen.

Bianca: Ich kann mich erinnern. Zu der persönlichen und fachlichen Eignung, hatten wir ja letztens erst gesprochen. Was ist denn jetzt die fünfte Pflicht?

 

05. Erziehungspflicht

Andreas: Das ist die Erziehungspflicht.

Marcel: Aber liegt die Erziehungspflicht nicht bei den Eltern oder bei den Berufsschulen?

Andreas: Aus der Formulierung des Paragrafen 14 Berufsbildungsgesetz geht hervor, dass der Ausbildungsbetrieb dafür zu sorgen hat, dass der Auszubildende charakterlich gefördert wird. Daher die Erziehungspflicht.

Marcel: Verstehe. Und, was ist die sechste Pflicht des Ausbildenden?

 

06. Schutz vor körperlichen Gefahren

Andreas: Den Azubi vor körperlichen und sittlichen Gefahren zu schützen.

Bianca: Das gilt ja für jeden anderen Arbeitnehmer genauso. Was ist denn die siebente Pflicht?

 

07. Nur ausbildungsbezogene Tätigkeiten

Andreas: Die knüpft an, an der Ausbildungspflicht. Denn, der Azubi darf nur mit ausbildungsbezogenen Tätigkeiten beschäftigt werden. Also, keine ausbildungsfremden Arbeiten.

Marcel: Aber, die Praxis sieht doch hier ganz anders aus. Was kann man denn als Azubi da machen.

Andreas: Ein Azubi könnte sich bei der zuständigen Kammer beschweren. Die Kammer bzw. der Ausbildungsberater muss sich dann um diesen Fall kümmern und überprüft, ob das tatsächlich so ist.

Bianca: Und wenn dem so ist?

Andreas: Dann erhält der Ausbildungsbetrieb die Aufforderung, den Missstand abzustellen und eine angemessene Frist hierfür.

Bianca: Und wenn der Ausbildungsbetrieb das einfach so weiterlaufen lässt?

Andreas: Dann kann die Kammer dem Ausbildungsbetrieb die Zulassung zum Ausbilden entziehen und darüber hinaus ein Bußgeld nach Paragraf 101 Berufsbildungsgesetz in Höhe von bis zu 5000 Euro verhängen.

Marcel: Na, wenigstens ist das ja rechtlich geregelt. Was ist denn jetzt die achte Pflicht des Ausbildungsbetriebes?

 

08. Nennung der weisungsberechtigten Personen

Andreas: Der Ausbildungsbetrieb muss dem Auszubildenden die für die Berufsausbildung weisungsberechtigten Personen nennen.

Bianca: Das ist ja wohl dann der eingetragene oder zuständige Ausbilder.

Marcel: Das können meines Wissens aber auch die ausbildenden Fachkräfte, also die Ausbildungsbeauftragten, sein, die tagtäglich mit dem Azubi zu tun haben.

Andreas: Genauso ist es. Kommen wir zur neunten Pflicht des Ausbildenden.

 

09. Freistellung zur Berufsschule

Andreas: Denn dieser muss den Azubi zum Besuch der Berufsschule freistellen.

Bianca: Und die zehnte Pflicht?

 

10. Berichtsheft kostenfrei zur Verfügung stellen

Andreas: Dem Azubi sind kostenlos Ausbildungsnachweise bzw. Berichtshefte zur Verfügung zu stellen.

Marcel: Und wann muss der Azubi diese Berichtshefte ausfüllen?

Andreas: Einmal in der Woche auf jeden Fall. Und das innerhalb der Ausbildungszeit. In der Regel geben die meisten Ausbildungsbetriebe ihren Azubis am Freitag genügend Zeit, um die Ausbildungsnachweise auszufüllen.

Bianca: Ich schreibe hier schon fleißig mit. Und was ist die elfte Pflicht?

 

11. Ausbildungsmittel kostenfrei zur Verfügung stellen

Andreas: Dem Azubi müssen natürlich kostenfrei die Ausbildungsmittel zur Verfügung gestellt werden. Das gilt insbesondere für Werkzeuge und Werkstoffe, die er für seine Zwischen- und Abschlussprüfungen benötigt. Und außerdem muss man dem Azubi auch die Ausbildungsordnung aushändigen.

Marcel: Na, die habe ich in meiner Ausbildung nicht bekommen.

Bianca: Und wenn du sie bekommen hättest, hättest du reingeschaut?

Marcel: Keine Ahnung. Ich glaube eher nicht. Jetzt bleiben nur noch zwei Pflichten übrig. Was ist denn jetzt die zwölfte Pflicht des Ausbildenden?

 

12. Anmeldung zur Prüfung

Andreas: Wo wir schon gerade bei den Prüfungen waren. Der Ausbildungsbetrieb muss den Azubi rechtzeitig zu den Zwischen- und Abschlussprüfungen anmelden. Und außerdem natürlich den Azubi zur Prüfung freistellen.

Bianca: Kann der Azubi sich nicht auch in Ausnahmefällen selbst anmelden zur Prüfung?

Andreas: Ja, es gibt einen Fall, bei dem das möglich ist. Und zwar, wenn der Azubi aufgrund guter Leistungen seine Ausbildung verkürzen möchte. Dann kann er sich auch selbst anmelden. Aber er muss auf jeden Fall die Zustimmung des Ausbildungsbetriebes und von der Berufsschule einholen. Denn die müssen seine guten Leistungen bestätigen.

Marcel: Na, da kann ja gleich der Ausbildungsbetrieb den Azubi zur Prüfung anmelden.

Andreas: In den meisten Fällen machen das die Ausbildungsbetriebe natürlich.

Bianca: Jetzt haben wir schon zwölf verschiedene Pflichten und am Ende sollten es ja 13 sein. Was ist denn die letzte Pflicht?

 

13. Ausstellung eines Ausbildungszeugnis

Andreas: Bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses muss der Ausbildungsbetrieb dem Azubi unaufgefordert ein einfaches Ausbildungszeugnis ausstellen.

Marcel: Ist damit so eine Art Arbeitszeugnis gemeint?

Andreas: Ja genau. Auch hier gibt es eine kleine Ausnahme. Denn im Falle eines Arbeitnehmerverhältnisses, hat jeder Anspruch auf ein Arbeitszeugnis des Arbeitgebers. Und dieser Anspruch gilt aber erst dann, wenn der Arbeitnehmer es schriftlich verlangt.

Bianca: Ach so, und der Azubi braucht das also nicht schriftlich verlangen, sondern hat aufgrund des Berufsbildungsgesetzes einen Rechtsanspruch auf das Ausbildungszeugnis, ohne weitere Bedingungen.

Andreas: Jupp. Wenn der Azubi aber ein qualifiziertes Ausbildungszeugnis haben will, dann muss er auch dieses schriftlich beantragen. Denn der Rechtsanspruch aus dem Berufsbildungsgesetz gilt nur für ein einfaches Ausbildungszeugnis.

Marcel: 13 verschiedene Pflichten des Ausbildenden. Jetzt brauche ich erst mal eine Pause.

Bianca: Ich auch.

 

Video: Ausbildungsvertrag. Welche Pflichten haben Ausbildende?

 

Keine Kommentare

Kommentar schreiben

SCHLAGFERTIG IM AEVO-FACHGESPRÄCH

HIER ZUM HÖRBUCH

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen

AUSBILDERWELT UG hat 4,85 von 5 Sternen 399 Bewertungen auf ProvenExpert.com