Der Nutzen hinter den vier auftragsorientierten Methoden
Marcel: Vier auftragsorientierte Ausbildungsmethoden? Über was reden wir hier? Und was bieten diese Methoden? Andreas, kannst du uns gleich zu Beginn einen guten Überblick geben?
Andreas: Ja, so könnt ihr gleich den Nutzen hinter den vier Methoden erkennen.
Die Methode der Erkundung ermöglicht es Auszubildenden, eigenständig Themen zu erkunden, indem sie Dokumentationen, Prozessbeschreibungen und Gebrauchsanleitungen studieren.
Projekte bieten eine umfassende Möglichkeit für Auszubildende, komplexe und reale Aufgaben eigenständig zu bearbeiten. Praxisbeispiele reichen von der Gestaltung eines Tages der offenen Tür bis zur Optimierung einer Maschinensteuerung.
Arbeitsaufträge integrieren Auszubildende direkt in betriebliche Abläufe. Sie arbeiten an echten Kundenaufträgen, wodurch ihre Motivation gestärkt wird. Beispiele hierfür sind das Verlegen von Steckdosen oder die Reparatur einer Heizungsanlage.
Und die Methode der Juniorfirma stellt eine langfristige „Learning by Doing“ Möglichkeit dar. Azubis gründen und führen eigenständig ein kleines Unternehmen unter den Bedingungen eines realen Betriebs. Diese Methode ist jedoch kostenintensiv und erfordert intensive Betreuung.
Silke: Wow, da hast du uns ja gleich zu Beginn reinen Wein eingeschenkt. Aber wie gehen wir jetzt am besten vor, um diese vier Methoden besser zu verstehen?
Andreas: Nun, wir könnten uns diese Methoden nach ihrer Zielstellung, ihren Vor- und Nachteilen, nach ihren Rahmenbedingungen und ihrer didaktischen Einordnung anschauen.
Katharina: Echt jetzt? Das ist doch viel zu umfangreich. Können wir uns heute erstmal die Zielstellungen der einzelnen Methoden ansehen?
Marcel: Ja, das fände ich auch eine gute Vorgehensweise.
Silke: Einverstanden! Ich bin auch dafür.
Erste Methode: Erkundung
Andreas: Ok, dann legen wir mal mit der ersten auftragsorientierten Methode, der Erkundung los. Mit Erkundungsaufgaben können Ausbilder einen Auszubildenden gezielt losschicken, um bestimmte Informationen einzuholen.
Katharina: Also dient ein Erkundungsauftrag dazu, die Auszubildenden mit neuen Themen oder Arbeitsweisen vertraut zu machen.
Marcel: Geht es dabei darum, dass die Auszubildenden eigenständig Erfahrungen sammeln und sich einen Überblick über das Thema verschaffen?
Andreas: Genau, denn manches, was man noch nicht weiß, kann man selbst herausfinden. Zum Beispiel durch das Lesen von Dokumentationen, Prozessbeschreibungen, Gebrauchsanleitungen, bereits fertigen Dokumenten.
Welche Aufgaben eignen sich für Erkundungen?
Silke: Welche Aufgaben eignen sich für Erkundungen?
Andreas: Zum Beispiel
Erstens: an der Vorbereitung einer Abteilungsbesprechung mitzuwirken,
Zweitens: die Präsentationsunterlagen für einen Kunden zusammenzustellen oder
Drittens: am Protokoll eines Qualitätszirkels mitarbeiten.
Silke: Also sind vor allem Zuarbeiten für eine Erkundung geeignet, bei denen der Auszubildende noch nicht die Verantwortung für das Endprodukt tragen muss?
Andreas: Ja genau, denn so gibt man dem Auszubildenden die Möglichkeit, selbständig herauszufinden, wie eine Arbeit erledigt werden muss.
Katharina: Also, statt zum Beispiel zu erklären, welche Bestandteile ein Geschäftsbrief hat, analysiert der Azubi mehrere Geschäftsbriefe und findet selbst heraus, welche Angaben in einem Geschäftsbrief enthalten sein müssen.
Andreas: Gutes Beispiel.
Wie läuft ein Erkundungsauftrag ab?
Marcel: Wie läuft denn so ein Erkundungsauftrag ab?
Andreas: Ein Erkundungsauftrag umfasst folgende sechs Schritte:
Erster Schritt: Vorbereitung der Arbeitsaufgabe
Zweiter Schritt: Erste Planung durch den Azubi
Dritter Schritt: Gemeinsame Zielvereinbarung
Vierter Schritt: Durchführung durch den Azubi
Fünfter Schritt: Dokumentation der Erkenntnisse und
Sechster Schritt: Präsentation und Auswertung
Marcel: Damit haben wir doch schon mal einen guten Überblick über die erste auftragsorientierte Methode erhalten.
Zweite Methode: Projekte
Katharina: Dann machen wir doch gleich weiter mit der Projektmethode. Was ist die Zielstellung eines Projekts?
Andreas: Das Lernen in Projekten ermöglicht den Auszubildenden eine komplexe und reale Aufgabe aus dem betrieblichen Geschehen in einer ganzheitlichen Handlung auszuführen.
Silke: Also immer dann, wenn Auszubildende in der Lage sind, eigenständig zu arbeiten und sie einen Ausbildungsstand in ihrer Ausbildung erreicht haben, an dem sie mit Herausforderungen im praktischen Arbeitsalltag umgehen können, ist eine Projektaufgabe sinnvoll?
Andreas: Genau, denn das Ziel einer Projektaufgabe ist die Förderung der Handlungskompetenz, das Verantwortungsbewusstsein und die Selbstständigkeit der Auszubildenden.
Was sind typische Projektaufgaben?
Marcel: Und was können typische Projektaufgaben für Azubis sein?
Andreas: Zum Beispiel:
Erstens: einen Tag der offenen Tür vorbereiten und gestalten
Zweitens: die Erstellung einer klischeefreien Stellenausschreibung
Drittens: eine Maschinensteuerung aus der Metallverarbeitung optimieren
Viertens: eine Checkliste zur Einstellung neuer Mitarbeiter entwickeln
Fünftens: einen Verkaufsraum in einem Kaufhaus neugestalten oder
Sechstens: eine Kampagne zur Gesundheitsförderung im Unternehmen planen
Marcel: Ja, das hört sich nach einer auftragsorientierten Methode an. Wie aber läuft so eine Projektaufgabe ab?
Die klassischen vier Schritte eines Projektes
Katharina: Das sind die klassischen vier Schritte:
Erster Schritt: Informieren
Zweiter Schritt: Planen
Dritter Schritt: Durchführen und
Vierter Schritt: Bewerten
Andreas: Genau so ist es. Beim Informieren wird die Projektaufgabe durch den Ausbilder definiert. Beim Planen geht es um die selbstständige Planung des Projekts durch die Auszubildenden. Beim Durchführen müssen die Azubis das Projekt nach ihrer selbst erstellten Planung durchführen. Und beim Bewerten kontrollieren zunächst die Auszubildenden selbstständig das Projektergebnis und anschließend wird das Ergebnis gemeinsam mit dem Ausbilder beurteilt.
Silke: Verstehe. Auch das Projekt klingt nach einer auftragsorientierten Methode. Vor allem, weil es direkt mit den Geschäftsprozessen des Ausbildungsbetriebes verbunden werden kann.
Dritte Methode: Arbeitsauftrag
Marcel: Dann müsste ja die nächste Ausbildungsmethode, also der Arbeitsauftrag, die Krone der auftragsorientierten Methoden sein.
Andreas: Naja, zum einen erzeugen Arbeitsaufträge eine hohe Motivation der Auszubildenden, weil sie an echten Kundenaufträgen mitwirken und auf das Ergebnis ihrer Arbeit stolz sein können. Zum anderen können Azubis aber auch ausgenutzt werden, wenn sie Aufgaben übernehmen sollen, die von anderen Mitarbeitern nicht gerne erledigt werden.
Katharina: Nun ja, zum Ausnutzen der Azubis sind Methoden grundsätzlich nicht geeignet. In welchen Situationen eignet sich denn ein Arbeitsauftrag?
Andreas: Wenn in einem Ausbildungsbetrieb Kundenaufträge, Produktion und Leistungen erbracht werden, dann können folgende Arbeitsaufträge unterschieden werden.
Erstens: Arbeitsaufträge, die einen gesamten Kundenauftrag abdecken, z. B. Planung, Anfertigung und Einbau eines Wandschrankes
Zweitens: Teilarbeitsaufträge eines komplexen Kundenauftrages, z. B. Zusammenstellen von Material und Werkzeugen und
Drittens: Auftragsübergreifende Arbeitsaufträge, z. B. Lagerarbeiten, Aufräumarbeiten, Verwaltungsarbeiten
Silke: Dann finden ja auch Arbeitsaufträge parallel im betriebswirtschaftlichen Geschäftsprozess des Ausbildungsbetriebes statt, oder?
Andreas: Ja, genau.
Welche konkreten Beispiele gibt es für einen Arbeitsauftrag?
Marcel: Und welche konkreten Beispiele gibt es für einen Arbeitsauftrag?
Andreas: Zum Beispiel:
Die Durchführung eines Kundenauftrages zum Verlegen von zwei Steckdosen nach Plan. Oder die Reparatur einer Heizungsanlage in einem Mehrfamilienhaus. Oder eine Personalakte für einen neuen Mitarbeiter in der Verwaltung anlegen.
Katharina: Ja, das hört sich alles nach selbstständiger und praxisorientierter Ausbildung an. Wie läuft denn der Arbeitsauftrag ab? Welche Schritte gibt es da?
In welchen Schritten läuft der Arbeitsauftrag ab?
Andreas: Ein Arbeitsauftrag umfasst folgende Schritte:
Erster Schritt: Offene Aufgabe: Der Ausbilder formuliert die Arbeitsanweisung als offene Aufgabenstellung, so dass der Auszubildende sich mit dem Auftrag auseinandersetzen kann.
Zweiter Schritt: Informieren: Der Auszubildende sucht selbstständig fehlende Informationen und der Ausbilder überprüft, ob der Auszubildende die Aufgabe verstanden hat. Bei Bedarf gibt der Ausbilder Impulse.
Dritter Schritt: Planen: Der Auszubildende plant sein Vorgehen und der Ausbilder setzt seinen ersten Kontrollpunkt. Ist die Planung sachgemäß?
Vierter Schritt: Durchführen: Der Auszubildende beginnt mit der Durchführung der Aufgabe und der Ausbilder setzt seinen zweiten Kontrollpunkt. Kommt der Auszubildende mit der Ausführung zurecht? Und
Fünfter Schritt: Kontrollieren: Der Auszubildende schließt seine Arbeit ab und kontrolliert selbstständig sein Arbeitsergebnis. Der Ausbilder setzt seinen dritten Kontrollpunkt. Ist das Arbeitsergebnis in Ordnung?
Silke: Ja, das hört sich nach einem Plan an. Jetzt hatten wir den Erkundungsauftrag, die Projektmethode und den Arbeitsauftrag. Fehlt nur noch die Juniorfirma.
Vierte Methode: Juniorfirma
Marcel: Soweit ich weiß, ist eine „Juniorfirma“ eine auf Dauer angelegte „Learning by Doing“ Methode.
Katharina: Ja, und dabei lernen die Auszubildenden selbstständig und eigenverantwortlich unter den Bedingungen eines realen Unternehmens zu arbeiten.
Andreas: Genau, denn bei einer Juniorfirma handelt es sich um ein „kleines“ Unternehmen in einem „großen“; sie wird von Auszubildenden gegründet und selbstständig von diesen geführt. Die Hauptverantwortung trägt allerdings der Ausbildungsbetrieb.
Silke: Wenn eine Juniorfirma eine „reale Firma“ ist, werden dann zum Beispiel verkaufsfähige Produkte hergestellt, die auf einem Markt angeboten und verkauft werden?
Andreas: Ja, so ist es. Und dabei entstehen Kosten und Ausgaben.
Silke: Also muss auch der Umgang mit Geld und Konten geübt werden.
Andreas: Nicht nur das, bei einer Juniorfirma werden zum Beispiel die Kunden persönlich betreut, Verhandlungen geführt und es gibt mitunter auch Risiken, Konflikte und Reklamationen, mit denen umgegangen werden muss.
Katharina: Also sind die Azubis eigenständig für diese Aufträge und Probleme verantwortlich?
Andreas: Richtig! So arbeiten die Auszubildenden selbständig und eigenverantwortlich in den Bereichen: Produktion, Marketing, Disposition, Vertrieb und Personalwesen.
Katharina: Na dann werden bestimmt auch die fachlichen Qualifikationen und Kompetenzen der Auszubildenden entwickelt.
Marcel: Ja, das kann ich mir auch gut vorstellen, dass hierbei zum Beispiel Teamgeist, Verantwortungsgefühl und Selbststeuerungsfähigkeit gefördert werden.
Andreas: All das trifft auf eine Juniorfirma zu.
Wie läuft eine Juniorfirma ab?
Marcel: Und wie läuft eine Juniorfirma ab?
Andreas: Eine Juniorfirma kann in folgenden Schritten ablaufen:
Erster Schritt: Gründungsphase: Hier geht es um die Findung einer Geschäftsidee sowie Festlegung des Unternehmensnamens.
Zweiter Schritt: Aufbauphase: Hier geht es um den Aufbau der Abteilungen des Unternehmens, wie zum Beispiel der Produktentwicklung.
Dritter Schritt: Unternehmensphase: Hier werden Dienstleistungen angeboten und erste Verkaufsaktionen finden statt.
Vierter Schritt: Auflösungsphase: Dabei geht es zum Beispiel um die Erstellung einer Abschlussbilanz.
Silke: So, jetzt haben wir heute über vier auftragsorientierte Methoden gesprochen. Erkundungsaufträge, Projekte, Arbeitsaufträge und Juniorfirmen.
Katharina: Ja, und bei all diesen vier Methoden sammeln Azubis praktische Erfahrungen in den realen Geschäftsprozessen eines Ausbildungsbetriebes.
Bereit für die neue AEVO? 4 auftragsorientierte Methoden
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