Wie werde ich vom Klugscheißer zum Coach in der Ausbildung?

Hallo an alle Berufs- und Weiterbildungspädagogen. Im Themenfeld: „Lernbegleitung“ gehen wir heute der Frage auf den Grund: Wie werde ich vom Klugscheißer zum Coach in der Ausbildung? Wir thematisieren verschiede Feedbacktechniken und klären auf, mit welchen Emotionen Azubis bei einer Kritik zu kämpfen haben.

Klugscheißer - Coach

Klugscheißer oder Coach? Eine Frage der Entscheidung

Katharina: Ist denn ein sogenannter „Klugschisss“ nicht ein ungebetener Ratschlag an den Azubi?

Andreas: Ja, das ist es und für Azubis ist kaum etwas schlimmer als unerbetener Rat. Sicher, der Ausbilder meint es vielleicht nur gut, will helfen. Aber falsch formuliert und zum falschen Zeitpunkt gegeben, wirkt Feedback schnell als Bevormundung, Angriff oder Demütigung.

Silke: Ja genau und von der Rückmeldung bleibt kaum mehr hängen als Kritik, Genörgel und Verurteilung.

Marcel: Und meistens halten Ausbilder ihre eigene Perspektive für die bessere. Deshalb scheitert das Feedback oft und avanciert zum Klugschiss.

 

Welche Feedbackregeln nutzen wir häufig?

Katharina: Aber gibt es da nicht Feedbackregeln, die man als Ausbilder nutzen kann?

Silke: Welche denn?

Katharina: Das Sandwich-Feedback zum Beispiel?

Marcel: Was ist damit gemeint?

 

Wie funktioniert das Sandwich-Feedback?

Katharina: Man startet mit etwas Positivem, dann kommt die Kritik und zum Abschluss wieder etwas Positives.

Marcel: Heißt das konkret: Das Feedbackgespräch wird mit lobenden Worten begonnen, danach folgt die Schelte, dann wieder anerkennende Worte?

Katharina: Ja, so kann man es auch beschreiben.

Andreas: Dann wird also die negative Rückmeldung watteweich in Lob verpackt, damit sie sich leichter schlucken lässt? Ich glaube, da bleibt ein bitterer Nachgeschmack beim Azubi.

 

Wie das Sandwich-Feedback in die Hose gehen kann

Silke: Ich stelle mir folgendes Sandwich-Feedback vor: Ich finde es wirklich gut, wie schnell Sie sich in die neue Aufgabe eingearbeitet haben und mit wie viel Elan Sie gestartet sind. Leider hat der dann nicht über den gesamten Ausbildungsabschnitt angehalten, sodass Ihre Ergebnisse stark darunter gelitten haben. Immerhin haben Sie das ja selbst erkannt. So sollten wir jetzt überlegen, wie wir Sie für die praktische Prüfung fit machen.

Marcel: Eigentlich nett, oder? Ganz nach dem Motto: Gesicht wahren und bloß keine Gefühle verletzen.

Katharina: He Leute, ich habe den Eindruck, dass ich hier nicht ernst genommen werde.

Andreas: Ich glaube, dass das Sandwich-Feedback schnell in die Hose gehen kann. Kritisiert zu werden ist nie schön. Keiner freut sich darüber, wenn er auf Fehler hingewiesen wird. Das ändert sich auch nicht durch eine schöne Verpackung.

Silke: Sehe ich auch so. Denn, die um den heißen Brei geredete Kritik vermittelt die Botschaft: Ich halte dich für eine unreife Persönlichkeit, die eine solche Mogelpackung braucht. Na, Danke!

 

Wie kann ich Feedback geben, das wirklich ankommt?

Katharina: ok, ok. Wie kann ich denn jetzt aber meinem Azubi Feedback geben, das wirklich ankommt? Ohne, dass es gleich ein Klugschiss wird?

Andreas: Bevor wir zu den anderen Feedbacktechniken kommen, finde ich es wichtig den Azubi emotional abzuholen. Dazu zeigt das SARA-Modell verschiedene Reaktionsmöglichkeiten.

Marcel: SARA-Modell? Was meinst du damit?

Andreas: Azubis sind häufig dem Feedback ihrer Ausbilder hilflos ausgeliefert. Denn immer da, wo es um Kritik und negatives Feedback geht, reichen die Reaktionen des Azubis von Ablehnung und Ärger bis hin zu Akzeptanz und Annahme.

Marcel: Und was hat das mit dem SARA-Modell zu tun?

 

Was steckt hinter dem SARA-Modell?

Andreas: Dahinter verbirgt sich ein Akronym, das sich aus den vier Phasen – Shock, Anger, Resistance und Acceptance – zusammensetzt und unterschiedlich heftig ausfallen können.

Silke: Kannst du das mal bitte näher erläutern?

Andreas: Beim Shock sagt der Azubi sich: „Kann ja gar nicht sein! …“ Der Grund ist der plötzliche Bruch zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung. Das muss der Azubi erst einmal verarbeiten.

Beim Anger, der Wut, kann nicht sein, was nicht sein darf. Also muss die Schuld bei anderen liegen. Zum Beispiel bei miesen Umständen, fiesen Kollegen, Neidern, blödsinnigen Befragungen.

Bei der Resistance, dem Widerstand, sagt man innerlich: „Ich bin eben so… Das ist zu viel, das kann keiner von mir verlangen!“ So finden sich immer neue Gründe und Argumente.

Und bei der Acceptance, akzeptiert der Azubi das Feedback und auch seinen Anteil. Jetzt ist der Weg frei für Veränderungen, wenn auch erst Tage nach dem Gespräch.

Katharina: Ja, diese Emotionen sind sehr gut nachvollziehbar. Wie kann ich jetzt mit diesem Wissen ein gutes Feedback geben?

Marcel: Na, ich finde auf jeden Fall den Zeitpunkt für ein Feedback wichtig. Das sollte zeitnah sein, da sonst der Bezug zur Situation zunehmend verblasst.

Silke: Vor allem, wenn das Feedback kritisch ausfällt, würde ich das Feedback unter vier Augen führen. So kann der Azubi sein Gesicht wahren.

 

Wie funktioniert die WWW-Technik?

Andreas: Eine klassische Technik ist die WWW-Regel, bei der es um ICH-Botschaften geht.

Katharina: Stehen denn die W´s für W-Fragen?

Andreas: Nicht ganz. Die drei W´s stehen für:

Wahrnehmung schildern: Zum Beispiel: „Mir ist aufgefallen, dass…“
Wirkung erläutern: Zum Beispiel: „Das hat zur Folge, dass …“
Und Wunsch formulieren: Zum Beispiel: „Ich würde mir wünschen, dass….“

Katharina: Ah, dann sind das ja schon mal drei ICH-Botschaften hintereinander.

Silke: Ja, das klingt gut und der Azubi fühlt sich mittels einer DU-Botschaft nicht gleich angegriffen.

Marcel: Andreas, kannst du bitte mal ein zusammenhängendes Beispiel für ein Feedback mit der WWW-Regel geben?

Andreas: Ja, klar. Hier ein Beispiel:

„Ich habe den Eindruck, dass Sie heute mit Ihrer Leistung nicht so zufrieden sind“ „Im Vergleich zu letzter Woche sind die Ergebnisse leider nicht so gut ausgefallen“ „Ganz offen, ich würde mich freuen, wenn Sie künftig auch mal einen Kollegen ansprechen würden, falls es nicht weitergeht. Ich glaube, dass wir uns gegenseitig unterstützen können.“ Was meinen Sie?

Katharina: Ja, auf dieses Gespräch würde ich mich als Azubi einlassen.

Silke: Vor allem, weil es kein Klugschiss ist und ich als Azubi an Bord genommen werde, auch wenn ich mal was falsch mache.

 

Wie werde ich vom Klugscheißer zum Coach in der Ausbildung?

 

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