Wie läuft ein Assessment Center für Azubi-Bewerber ab?

Hallo an alle Berufs- und Weiterbildungspädagogen. Im Themenfeld: „Gewinnung und Auswahl von Azubis“ gehen wir heute der Frage auf den Grund: Wie läuft ein typisches Assessment Center für Azubi-Bewerber ab? Bei diesem Gruppenauswahlverfahren gehen wir näher auf die einzelnen Übungen ein und klären, welche Kompetenzen bei den Kandidaten geprüfte werden.

Assessment Center für Azubi-Bewerber

Assessment Center für Azubi-Bewerber – Was ist relevant?

Silke: Wir hatten doch im Rahmen der AEVO-Prüfungsvorbereitung bereits das Thema Assessment Center besprochen. Was ist denn jetzt für die Berufs- und Weiterbildungspädagogen relevant?

Andreas: Auf jeden Fall muss man die typischen Aufgabenstellungen innerhalb eines Assessment Center erläutern können.

Katharina: Typische Aufgaben waren doch die Selbstpräsentation, Gruppendiskussionen, Rollenspiele, Postkorb-Übungen, Interviews, Persönlichkeits-, Intelligenz- und Leistungstests.

 

Um was geht es bei der Selbstpräsentation?

Marcel: Na, bei der Selbstpräsentation geht es doch nur um die Vorstellung der eigenen Person. Oder?

Andreas: Da gibt es viele verschiedene Varianten. So wird die Selbstpräsentation häufig mit einer kleinen Aufgabenstellung verbunden.

Silke: Kannst du da bitte mal ein Beispiel geben.

Andreas: Aufforderungen könnten lauten: „Stellen Sie sich und Ihre drei größten Stärken vor!“ oder „Beschreiben Sie sich im Zusammenhang mit Ihrem Lieblingsurlaubsort!“

Silke: Ah, verstehe. Die Kandidaten müssen also Analogien zu Ihrer Persönlichkeit herstellen.

Andreas: Genau. So könnte eine andere Aufforderung lauten: „Charakterisieren Sie sich anhand von drei Städten. Zum Beispiel Ihrem Geburtsort, Ihrem Wohnort und Ihrem Lieblingsurlaubsort. Markieren Sie diese Orte auf einem Flipchart.“

Marcel: Ja, das ist schon mal eine kleine Herausforderung, aber irgendwie auch sehr persönlich. Gibt es denn da nicht andere Varianten.

Andreas: Andere Varianten können so aufgebaut sein, dass Kandidaten einen Vortrag über ein vorgegebenes Thema halten oder die wichtigsten Thesen aus Aufsätzen, die man den Kandidaten vorher zu lesen gab, präsentieren.

Katharina: Ich habe schon mal ein Assessment Center erlebt, bei dem man die Kandidaten gebeten hat in die Rolle eines Personalentscheiders zu schlüpfen und zu erklären, nach welchen Kriterien sie zukünftige Mitarbeiter auswählen würden

Silke: Wow, das ist ja auch alles sehr herausfordernd. Worauf konzentrieren sich denn die Assessoren?

 

Nach welchen Kriterien entscheiden die Assessoren?

Marcel: Assessoren? Was war das denn noch mal?

Silke: Damit sind die Beobachter gemeint. Das kann ein Personalberater sein, eine Führungskraft, ein Psychologe oder ein Personalreferent. Und beobachtet werden ganz bestimmte Kriterien bei den einzelnen Kandidaten.

Andreas: Ja die Assessoren konzentrieren sich bei der Selbstpräsentation zunächst stärker auf das „Wie“ des Vortrags und nehmen die inhaltliche Beurteilung erst später vor. Hier werden die Anforderungsmerkmale: soziale Prozesse, systematisches Denken und Handeln, erkennbares Aktivitätspotenzial und rhetorische Stilmittel bewertet.

Marcel: Sind diese Anforderungsmerkmal dann auch gleichzeitig die Kriterien?

Andreas: Ja, genau. Und bei jeder Übungsaufgabe und für jeden Kandidaten werden von den Assessoren Bewertungsbögen mit unterschiedlichen Kriterien dokumentiert.

Katharina: Und die Kriterien sind dann die verschiedenen Kompetenzen, die man bei einem Assessment Center bei den Kandidaten prüfen will?

Andreas: Ja, das sind in der Regel Schlüsselqualifikationen wie zum Beispiel: Überzeugungskraft, Durchsetzungsvermögen, Konflikt- und Problemlösefähigkeit, Teamfähigkeit und Kooperationsvermögen, Führungsqualitäten, Kontakt- und Sozialverhalten, Einfühlungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit, Delegationsfähigkeit, Organisations- und Planungsfähigkeit, Analysefähigkeit, Unternehmerisches Denken, Zielstrebigkeit, Belastbarkeit und viele mehr.

Silke: Das ist ja sehr umfangreich. Muss ich denn als Berufs- oder Weiterbildungspädagoge das wissen?

Andreas: In den schriftlichen Prüfungen tauchen auch Aufgaben auf, wo man ein Assessment Center strukturell aufbauen soll und im Vorfeld Kompetenzen festlegen muss, die man bei den Kandidaten prüfen möchten.

 

Wie sind Gruppenaufgaben im Assessment-Center gestaltet?

Silke: Ok, verstehe. Jetzt haben wir ja die Selbstpräsentation näher unter die Lupe genommen. Wie sind denn jetzt die Gruppenaufgaben im Assessment Center gestaltet?

Katharina: Hatten wir nicht letztens gelernt, dass es drei unterschiedliche Typen gibt? Typ A, B und C?

Andreas Genua, Typ A ist die Diskussion eines Themas wie zum Beispiel aus den Bereichen Politik Umwelt, Bildung oder Wirtschaft. Zum Beispiel: „Wie sinnvoll sind nächtliche Ausgangssperren während der Corona Pandemie?“

Marcel: Ja und beim Typ B ging es um die Diskussion einer speziellen Problemstellung, mit der Aufgabe, gemeinsam einen Handlungsplan zu entwickeln, wie zum Beispiel die Entwicklung eines Evakuierungsplanes bei einem Großbrand in einem Klinikum.

Katharina: Ja und beim Typ C ging es um die Diskussion eines vorgegebenen Themas, bei dem die Kandidaten eine bestimmte Position vertreten sollen. Zum Beispiel, eine Debatte unter Führungskräften bezüglich der Einführung von Arbeitszeitkonten im Unternehmen.

Silke: Und welche Fähigkeiten der Kandidaten werden bei der Gruppendiskussion von den Assessoren unter die Lupe genommen?

Andreas: Das sind zum Beispiel die Kompromissbereitschaft, andere ernst nehmen, zuhören können, sich nicht in den Vordergrund spielen, seine eigene Meinung vertreten, knappe und präzise Beiträge zu leisten und auf den Gesprächspartner eingehen.

 

Rollenspiel waren doch typische Situationen aus dem Berufsalltag?

Marcel: An die Thematik mit dem Rollenspiel als Übungsaufgabe im Assessment Center kann ich mich noch erinnern. Das waren doch typische Situationen aus den Berufsalltag.

Katharina: Genau. Dabei ging es um Verkaufsgespräche, Kundenreklamationen, Mitarbeitergespräche oder Beschwerdegespräche.

Silke: Ja, und die Kandidaten spielen dabei die Rolle des Vorgesetzten, Mitarbeiters oder Kunden.

Andreas: Das Rollenspiel selbst dauert ja in der Regel 10 bis 30 Minuten. Anfangs stehen ca. 5 bis 15 Minuten Vorbereitungszeit zur Verfügung, in denen sich der Kandidat mit der schriftlichen Rollen- und Situationsbeschreibung vertraut machen kann.

Marcel: Und welche Kompetenzen werden hier von den Assessoren geprüft?

Andreas: Unter dem Strich geht es bei den Rollenspielen um soziale Kompetenzen, die Fähigkeit zur Diplomatie, um Sensibilität und Flexibilität, Entscheidungs- und Überzeugungskraft, Ausdrucksvermögen und sprachliches Überzeugungspotenzial. Dementsprechend ziehen die Assessoren Rückschlüsse und Prognosen, wie Bewerber sich später als Mitarbeiter bewähren.

 

Und dann war da noch die Postkorbübung

Katharina: Dann machen wir doch gleich weiter mit meiner Lieblingsaufgabe: Die Postkorbübung.

Silke: Ich kann mich erinnern. Hier bekommt der Kandidat die Vorgabe sich in die Situation einer bestimmten Person hineinzuversetzen. Das kann zum Beispiel ein Abteilungsleiter in einer Firma sein. Dann müssen unter Zeitdruck viele wichtige und wichtig erscheinende Entscheidung getroffen werden.

Marcel: Auch ich kann mich erinnern. Meistens hat man 15 Minuten Zeit, um 20 verschiedene Entscheidung zu treffen.

Andreas: Ja und bei den Entscheidungen ging es zum Beispiel darum, dass der leistungsstärkste Mitarbeiter kündigen will. Gleichzeitig wird die beste Assistentin krank, die persönliche Kreditkarte wurde gesperrt, der Akku des Handys ist alle und man kann keinen erreichen. Dann wird parallel dazu das Kind krank, und die Produktion muss anhalten, weil ein Ersatzteil nicht lieferbar ist. Und man selbst sitzt im Taxi an einem ganz anderen Ort und steckt im Stau.

Silke: Und wir haben gelernt, dass solch eine Postkorbübung überhaupt nicht zu 100% lösbar ist.

Katharina: Das ist ja das Tolle an der Postkorbübung. Da geht es doch eher darum, wie sich die Kandidaten verhalten. Da kommt es eben auf systematisches Denken und Handeln, analytisches Denkvermögen, Entscheidungsfähigkeit, Delegationsfähigkeit, Belastbarkeit und Stressresistenz an.

 

Das Interview ist schon eher klassisch

Marcel: Da ist mir das Interview als typische Aufgabe im Assessment Center schon lieber. Das ähnelt einem Vorstellungsgespräch und die Kandidaten können hier von ihren Stärken erzählen.

Silke: Ja, aber auch die Schwächen werden abgefragt. Da tauchen ja typische Fragen aus dem Vorstellungsgespräch auf, wie zum Beispiel: Wie stellen Sie sich Ihre weitere berufliche Laufbahn vor? Wo liegen Ihre Interessen und Freizeitaktivitäten? Was war Ihr größter Misserfolg? Was kann Sie richtig ärgerlich machen? Was ist Ihr Lebensmotto?

Katharina: Schließlich geht es im Interview auch darum, Interessenausrichtungen, Einstellungen und Meinungen der Kandidaten kennen zu lernen.

 

Und welche Testverfahren kommen zur Anwendung?

Andreas: Bleiben zum Abschluss nur noch die klassischen Persönlichkeits-, Intelligenz- und Leistungstests, die innerhalb eines Assessment Centers zum Tragen kommen.

Marcel: Bei den Wissenstests geht es doch zum Beispiel um Rechtschreibung, Rechentests mit Dreisatz und Textaufgaben, oder naturwissenschaftliche Themen.

Silke: Ja, die sind manchmal ganz schön knackig. Da muss man in 10 Minuten schon mal in der Lage sein, zehn verschiedene Textaufgaben mit Dreisatz oder Verhältnisgleichungen zu lösen. Ohne Taschenrechner versteht sich.

Katharina: Wissenschaftlich betrachtet sagen die Intelligenz- und Leistungstests den beruflichen Erfolg wesentlich besser voraus als Wissenstests. Daher enthalten diese Tests häufig Aufgaben zu Zahlen, abstrakt-logischem Denken, Konzentration, Auffassungsgabe und Merkfähigkeit

Marcel: Andreas, was waren denn nochmal die Klassiker unter den Leistungstests?

Andreas: Zum Beispiel den KLT Test. Das ist ein Konzentrations- und Leistungstest. Dabei geht es um das Lösen von Rechenaufgaben in einer bestimmten Zeiteinheit. Man will herausbekommen, wie hoch die Leistungsmotivation, Ausdauer, Sorgfalt und Konzentration beim jeweiligen Azubi ist.

Katharina: Der Pauli Test ist aber ebenfalls zum Lösen von Rechenaufgaben unter Zeitdruck konzipiert.

Silke: Und ich kann mich noch en Aufmerksamkeits-Belastungstest, kurz der D2 Test erinnern. In vorgegebener Zeit müssen in der Regel aus 16 verschiedenen Kombination die Buchstaben D und P unterschieden werden. Auch das ist ein guter Test für Berufsanfänger.

Andreas: Und ein typischer Intelligenztest ist der Intelligenzstrukturtest. Dabei geht es um die Beantwortung von schriftlichen Fragen, Satz Ergänzungen, Bildung von Analogien und Zahlenreihen, Erkennung von Gemeinsamkeiten, Merkaufgaben und Auswahl von Figuren. Auch das ist ein guter Test für den Einstieg in das Berufsleben.

 

Bei den Persönlichkeitstests müssen wir noch einiges Beachten

Marcel: Wenn wir uns mal der letzten Kategorie, den Persönlichkeitstests zuwenden, dann hatten wir doch letztens festgestellt, dass die Persönlichkeitsrechte über das Grundgesetzt geschützt sind und außerdem die Betriebsräte ein gehöriges Mitspracherecht haben.

Andreas: Genau. Bei Persönlichkeitstests gibt es schon im Vorfeld eine umfassende Aufklärung über den Inhalt der angewendeten Testverfahren und eine Einverständniserklärung, die vom Teilnehmer unterschrieben werden muss.

Katharina: Interessant fand ich die Persönlichkeitstests, die bei einem Assessment Center in Frage kommen. Das waren zum Beispiel das DISG Profil, der Myers-Briggs-Typenindikator, der Bochumer Inventartest oder das Reiss Profile.

Silke: Ja, vor allem, weil diese Tests die Persönlichkeit eines Menschen abbilden und das ist auch für einen selbst hochinteressant.

Marcel: Wir hatten festgestallt, dass sich mit einigen Persönlichkeitstests zu 80 % voraussagen lässt, wie sich ein Mensch in bestimmten Situationen verhalten wird.

Andreas: Abschließend ist noch zu erwähnen, dass man bei den Persönlichkeitstests auf jeden Fall vorher die Zustimmung der Testperson einholen muss.

Katharina: Jetzt haben wir echt viele Übungen aus dem Assessment Center näher unter die Lupe genommen.

Silke: Ja und diese ganzen Übungsaufgaben braucht man nur noch in einem Zeitplan unterbringen. Mit Pausen versteht sich.

Marcel: Na die brauche ich auch erst einmal. Die Pause natürlich.

 

Video: Wie läuft ein typisches Assessment Center für Azubi-Bewerber ab?

 

 

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