Wie gestalten sich Prozesse in der Personalentwicklung?
Silke: Personalentwicklung? Ist das nicht Thema im Handlungsfeld 4?
Marcel: Ja, aber schau dir doch mal die Prüfungssätze der Personalfachkaufleute genauer an. Gerade im Handlungsfeld 1 gibt es immer wieder Überschneidungen zu den anderen Handlungsfeldern.
Katharina: Und außerdem geht es bei der Fragestellung ja auch um Prozesse. Und diese werden auf jeden Fall im Handlungsfeld 1 thematisiert.
Silke: Dann ist ja das mit der Personalentwicklung zweitranging. Denn ob ich einen Prozess für die Personalentwicklung, die Personalplanung, im Recruiting oder beim Personalabbau beschreibe… Prozess bleibt Prozess und unterliegt Gesetzmäßigkeiten.
Welchen Gesetzmäßigkeiten unterliegt ein Prozess?
Katharina: Welche denn?
Silke: Zunächst ist ein Prozess eine zeitlich logische Abfolge von Aktivitäten mit einem Auslöser und einem Ergebnis, in der zum Beispiel Personen oder Verfahren zusammenwirken, um eine Leistung zu erbringen.
Marcel: Na, dass hört sich an, wie aus dem Bilderbuch. Wie kann denn beispielswiese ein personalwirtschaftlicher Dienstleistungsprozess aussehen?
Silke: Zum Beispiel kommt ein Mitarbeiter mit einer Anfrage an die Personalabteilung. Dann muss zunächst die Zuständigkeit geklärt werden. Also, geht es um die Gehaltsabrechnung, die Beantragung des Jahresurlaubs oder die Teilnahme an einer Schulungsmaßnahme. Als nächstes wird die Anfrage genauer definiert und beurteilt. Dann wird ein Ziel definiert, Prioritäten gesetzt, die Termine und die Beteiligten festgelegt. Danach gibt es einen Lösungsansatz und dann wird die Leistung erbracht. Ja, und am Ende gibt es noch eine Erfolgskontrolle.
Katharina: Wow, du kennst dich ja mit Prozessen aus. Das hört sich ja fast schon wie eine Verfahrensanweisung aus dem Qualitätsmanagement an.
Wie gestaltet sich ein Prozess in der Personalentwicklung?
Silke: Was mich jetzt noch interessiert: Wie kann ich nun einen Prozess im Rahmen der Personalentwicklung gestalten?
Andreas: Vom Prinzip her so ähnlich, wie du es gerade beschrieben hast. Bei der Personalentwicklung kann es zum Beispiel um die Weiterentwicklung der Mitarbeiter gehen.
Marcel: Ja, und da macht es keinen Sinn wahllos einige Personalentwicklungsmaßnahmen, wie zum Beispiel: Qualifizierungen, Coaching, Karriereplanung oder eine Teamentwicklung umzusetzen.
Andreas: Nein, natürlich nicht. Erst einmal muss der Personalentwicklungsbedarf anhand der Zielvorgaben des Unternehmens, über zum Beispiel eine Potenzialanalyse ermittelt werden.
Katharina: Und… ist das schon Teil der Prozessbeschreibung?
Andreas: Ja, aber nur wenn es eine konkrete Anfrage der Geschäftsleitung gibt. Zum Beispiel: Wenn ein Unternehmen die Produktion umstellt und keine geeigneten Fachkräfte hat, die sich mit der Herstellung des neuen Produkts auskennen. Das ist dann aber schon spezifisch.
Silke: Ich glaube auch, denn meistens geht es bei Prozessen um grundsätzliche Vorgehensweisen, wie zum Beispiel beim Management Regelkreis.
Katharina: Na daran kann ich mich erinnern.
Andreas: Es wäre aber falsch die Frage nach der Prozessgestaltung in der Personalentwicklung mit dem Management Regelkreis zu beantworten.
Katharina: Ja, und was schlägst du vor?
Was ist das 6-Stufen-Modell der Prozessgestaltung?
Andreas: Ich würde mich an das 6-Stufen-Modell der Prozessgestaltung halten.
Marcel: 6-Stufen-Modell? Wie geht das?
Stufe 1: Ausgangssituation analysieren: Das heißt Analyseschwerpunkte festlegen, Analyse durchführen, Ergebnisse darstellen
Stufe 2: Ziele festlegen und Aufgaben abgrenzen: Ziele konkretisieren (z. B. Kostensenkung) und gewichten, Planungsaufgaben abgrenzen
Stufe 3: Prozesse konzipieren: Arbeitsabläufe erarbeiten, Arbeitssystem entwickeln, Qualifikationsanforderungen abschätzen und Personalbedarf planen
Stufe 4: Prozesse detaillieren: Gestaltungsregeln umsetzen, Betriebsmittel und Personal planen und Realisierungsplan erstellen
Stufe 5: Prozesse einführen: Beschaffung von Betriebsmitteln, Arbeitssystem installieren, Personelle Maßnahmen durchführen, Probebetrieb durchführen
Stufe 6: Prozessreview: Erfolgskontrolle durchführen Routine entwickeln, eventuell weitere Prozessoptimierung
Katharina: Nach echt mal, darauf kommt doch kein Mensch.
Andreas: Das mit dem 6-Stufen-Modell ist ja nur ein Beispiel, wie man die Frage beantworten kann.
Wie könnte ein Beispiel mit dem 6-Stufen-Modell aussehen?
Katharina: Hast du noch ein verständlicheres Beispiel?
Andreas: Obwohl die ursprüngliche Frage eine andere ist, mache ich es mal konkreter. Stellt euch vor, ihr müsst einen Prozess zur Einarbeitung neuer Mitarbeiter erstellen.
Marcel: Ja, da gibt es einen Auslöser, den Start also und ein Ende, zum Beispiel nach der 6-monatigen Probezeit.
Silke: Dann können wir doch gleich das Onboarding-Thema auf das 6-Stufen-Modell anwenden.
Stufe 1 – Ausgangssituation analysieren
Katharina: Gute Idee. Ich starte mal mit der ersten Stufe: Ausgangssituation analysieren. Wie wurde das Onboarding bisher gestaltet? Wer war beteiligt? Wie hoch waren die Kosten? Wie erfolgreich war das bisherige Onboarding? Gab es Frühfluktuationen? Gab es Verluste oder andere Nachteile für das Unternehmen?
Stufe 2 – Ziele festlegen und Aufgaben abgrenzen
Marcel: Das müsste zum Start reichen. Ich mache mal weiter mit der zweiten Stufe: Ziele festlegen und Aufgaben abgrenzen. Was sind die Ziele? Reduzierung der Einarbeitungskosten? Reduzierung der Einarbeitungszeit, der neuen Mitarbeiter? Schnell die geforderte Leistung der Mitarbeiter sicherstellen? Eine einheitliche Einarbeitung gewährleisten? Die Einarbeitungszeit reduzieren? Eine reibungslose Integration ins Team gewährleisten? Hier würde ich Prioritäten setzen. Welches Ziel ist am wichtigsten.
Stufe 3 – Prozesse konzipieren
Silke: Ich mach dann mal weiter mit der dritten Stufe: Prozesse konzipieren. Erarbeitung der Maßnahmen für das Pre-Boarding, den ersten Arbeitstag und die Feedbackgespräch mit den jeweiligen Vorgesetzten. Also, wer macht was, wann und wie? Wer erklärt sich als Pate bereit? Welche Führungskräfte sind beteiligt?
Stufe 4 – Prozesse detaillieren
Katharina: Bei der vierten Stufe: Prozesse detaillieren, kann es dann um die rechtzeitige Information aller Beteiligten gehen. Also die Paten und Führungskräfte. Die Erstellung eines Einarbeitungsplanes steht an. Ein kleine Projektplanung muss her. Also welche Maßnahmen sind notwendig und was kosten diese.
Stufe 5 – Prozesse einführen
Marcel: In der fünften Stufe: Prozesse einführen geht es um die Durchführung der Maßnahmen. Angefangen von der Qualifizierung der Führungskräfte bzgl. des Onboardings, die Durchführung der Einarbeitung nach dem Einarbeitungsplan, die Feedbackgespräche mit den Vorgesetzen, die Beurteilung der neuen Mitarbeiter und die Entscheidung der Übernahmen nah der Probezeit.
Stufe 6 – Prozessreview
Silke: Bei der sechsten und letzten Stufe: Prozessreview geht es um die Evaluierung, bzw. Kontrolle der Maßnahmen und Optimierung des Onboarding-Prozesses. Wo gab es Widerstände? Bei wem? Wie wurde damit umgegangen? Was hat gut funktioniert? Was ist danebengegangen? Was wollen wir beim nächsten Onboarding-Prozess ändern?
Andreas: Das habt ihr zusammen sehr gut umgesetzt. Manchmal braucht es eben was Konkretes, damit man die Frage nach der Prozessgestaltung besser beantworten kann.
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