Ich habe hier mal gleich mal Fragen aus einer AEVO-Prüfung mitgebracht.
Welche Eignungsvoraussetzungen verlangt der Gesetzgeber von einem Ausbilder, der in IHK-Berufen ausbilden möchte? (3 richtige Antworten)
Der Gesetzgeber schreibt vor, dass nur ausbilden darf, wer
- a) persönlich geeignet ist. Nicht geeignet sind zum Beispiel Personen, die keine Jugendlichen beschäftigen dürfen.
- b) das 24. Lebensjahr vollendet hat und über eine mindestens dreijährige Berufserfahrung in einer dem Ausbildungsberuf entsprechenden Fachrichtung verfügt.
- c) seine fachliche Eignung in einer dem Ausbildungsberuf entsprechenden Fachrichtung nachweisen kann.
- d) die berufs- und arbeitspädagogische Eignung hat oder diese Qualifikation anderweitig nachweisen kann.
Wie gehe ich denn jetzt an die Aufgabenstellung ran?
Bianca: Ich würde das in einem Ausschlussverfahren machen.
Silke: Was meinst du damit?
Bianca: Naja, ich schau mir die einzelnen Lösungsmöglichkeiten an und merke mir das, was falsch ist. Und der Rest ist dann richtig.
Andreas: Und, zu welchem Ergebnis kommst du?
Bianca: Ich würde sagen A ist falsch.
Silke: Wie kommst du darauf?
Bianca: Da steht ja was von: „Personen, die keine Jugendlichen beschäftigen dürfen.“ Und in der Fragestellung steht: welche Eignungsvoraussetzungen verlangt der Gesetzgeber von einem Ausbilder. Und Azubis einstellen und beschäftigen, das übernimmt doch der Ausbildende, also der Ausbildungsbetrieb und nicht der Ausbilder.
Andreas: In dem Satz darunter steht aber: „Der Gesetzgeber schreibt vor, dass nur ausbilden darf, wer…“ Und genau das ist geregelt in den Paragrafen 28 und 29 Berufsbildungsgesetz. Denn, da geht es ja um die persönliche Eignung. Also diese Antwortmöglichkeit ist schon mal richtig.
Bianca: Hmm…, Da habe ich mich wohl zu sehr auf den ersten Satz versteift und den zweiten überlesen. Beim nächsten Mal werde ich auf jeden Fall mehr aufpassen. Aber was ist denn jetzt die falsche Antwort?
Marcel: Also, ich habe A, C und D als richtige Antworten. Bei mir ist also die Antwort B falsch.
Wie kommst du darauf?
Marcel: Ich habe im Berufsbildungsgesetz nichts darüber gefunden, dass jemand das 24. Lebensjahr vollendet haben muss, um ausbilden zu dürfen.
Silke: Aber, da steht doch auch etwas von einer mindestens dreijährigen Berufserfahrung in dem Ausbildungsberuf.
Marcel: Auch darüber habe ich nichts im Berufsbildungsgesetz gefunden. Im Paragraf 30, in dem es um die fachliche Eignung geht, steht, dass der Ausbilder eine angemessene Zeit in seinem Beruf praktisch tätig gewesen sein muss.
Bianca: Naja, und drei Jahre finde ich schon angemessen.
Andreas: Also, auf jeden Fall ist die Antwort B falsch. Denn das Berufsbildungsgesetz spricht hier von angemessener Zeit. Und welche Zeit angemessen ist, dass bestimmt am Ende der Ausbildungsberater der zuständigen Kammer. Das könnten ein, zwei, drei oder auch fünf Jahre sein.
Silke: Also, sind jetzt A, C und D richtig?
Andreas: Ja, genau.
Aber, warum ist D richtig?
Bianca: Wie kann ein Ausbilder die berufs- und arbeitspädagogische Eignung anderweitig nachweisen?
Andreas: Zum Beispiel über einen Studienabschluss im Bildungsbereich. Lehramt oder Bildungswissenschaften sind damit gemeint. Oder aber, es gibt auch Ausnahmefälle, die eine Kammer zulassen kann.
Marcel: Und wie kann so ein Ausnahmefall aussehen?
Andreas: Zum Beispiel, wenn jemand schon viele Jahre als ausbildende Fachkraft im Unternehmen tätig war und tagtäglich Azubis betreut hat. Wenn das über den Arbeitgeber plausibel nachgewiesen wird, hätte die zuständige Kammer einen Ermessensspielraum.
Silke: Nachdem wir diese AEVO-Prüfungsfrage nun besprochen haben, wird mir klar, dass man zum einen die Fragestellung erst einmal richtig lesen muss und zum anderen die Antwortmöglichkeiten Schritt für Schritt und in aller Ruhe durchgehen sollte.
Bianca: Ich meine, wir haben ja auch 180 Minuten Zeit. Und in diesen 3 Stunden ist das, glaube ich, gut machbar.
Marcel: Bei ca. 70 Fragen hätte man dann pro Frage ca. zweieinhalb Minuten Zeit.
Silke: Vielleicht braucht man ja für die eine Frage etwas mehr Zeit, und bei anderen Fragen ist man sich eher sicher und kann diese schnell beantworten.
Am besten, wir schauen uns gleich eine zweite Frage an.
Andreas: ..damit ihr sicherer in der Beantwortung werdet.
Bianca: Gute Idee. Ich glaube, Marcel hatte da noch eine Frage mitgebracht.
Marcel: Ja, genau. Und, hier ist sie:
Als zukünftiger Ausbilder in einem Unternehmen, das erstmals einen Auszubildenden einstellen will, bereiten Sie sich auf die Durchführung der Ausbildung vor.
Im Berufsbildungsgesetz lesen sie unter § 14 Absatz 1 Ziffer 1:
„Ausbildende haben dafür zu sorgen, dass den Auszubildenden berufliche Handlungsfähigkeit vermittelt wird, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist, …
Jetzt wollen sie die Umsetzung des Gesetzestextes in der Ausbildung planen.
Frage: Wie werden sie den oben genannten Teil des Gesetzestextes bei der Gestaltung der betrieblichen Ausbildung berücksichtigen? (2 richtige Antworten)
a )Sie vermitteln alle zu erwerbenden Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten Schritt für Schritt mit der 4-Stufen-Methode oder dem Lehrgespräch.
b ) Sie fördern den Erwerb der beruflichen Handlungsfähigkeit durch Lernprozesse, die nach dem Modell der vollständigen Handlung strukturiert sind.
c ) Sie entwickeln und gestalten betriebliche Lern- und Arbeitsaufgaben, die das selbstständige Lernen in betrieblichen Arbeits- und Geschäftsprozessen fördern.
d ) Sie gliedern den Auszubildenden nach dem Prinzip der „Beistelllehre“ in den betrieblichen Arbeits- und Geschäftsprozess ein und lassen ihn einfache Tätigkeiten ausüben.
Da muss man erst mal den Text verstehen.
Silke: Andreas, wie würdest du denn an diese Aufgabe herangehen?
Andreas: Gehen wir doch mal Schritt für Schritt vor. Um was geht es bei der grundsätzlichen Fragestellung in der Ausgangssituation?
Bianca: Soweit wie ich das sehe, um die Umsetzung des Paragrafen 14 des Berufsbildungsgesetzes.
Andreas: Das ist schon mal richtig. Und um welchen Passus genau geht es da im Paragraf 14?
Bianca: Geht es hier um die Vermittlung der beruflichen Handlungsfähigkeit?
Andreas: Perfekt. Genau das ist der Kern. Und kann sich einer noch erinnern, woraus die berufliche Handlungsfähigkeit besteht?
Marcel: Waren das nicht die Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnisse?
Andreas: Genau
Silke: Na, das steht ja auch schon in der Antwortmöglichkeit A. Also ist A richtig?
Andreas: Dann lies doch die Antwort A bitte etwas genauer.
Silke: Da steht doch: „Sie vermitteln alle zu erwerbenden Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten“
Bianca: Und, werden jetzt alle Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die ein Azubi braucht, mit der 4-Stufen-Methode oder dem Lehrgespräch vermittelt?
Marcel: Das sind ja dann nur zwei Methoden. Ist das sinnvoll?
Andreas: Natürlich nicht. Die Antwort A ist aus zwei Gründen falsch.
Silke: Und die wären?
Erstens steht hier das Wort „alle“. Und das ist eine Generalisierung.
Andreas: Das bedeutet, achtet bitte bei den Antworten auf zum Beispiel: immer, nur, ausschließlich, usw. Diese Antworten sind zu 90 % falsch. Denn, es kann ja nicht sein, dass nur zwei Methoden aus über 20 verschiedenen Ausbildungsmethoden die gesamte berufliche Handlungsfähigkeit fördern.
Silke: Ja, das leuchtet mir ein. Und ist ein guter Hinweis für die zukünftigen Prüfungsaufgaben.
Bianca: Wenn ich mir die Antwort B anschaue, dann frage ich mich, was ist denn mit dem Modell der vollständigen Handlung gemeint?
Marcel: Tauchte das Modell der vollständigen Handlung nicht in der Leittextmethode auf?
Andreas: Genauso ist es. Kann sich jemand noch an die sechs Schritte im Modell der vollständigen Handlung erinnern?
Silke: Nicht wirklich.
Andreas: Die sechs Schritte sind: informieren, planen, entscheiden, durchführen, kontrollieren, bewerten.
Marcel: Ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Diese sechs Schritte in der Leittextmethode dienen ja dazu, den Azubi zum selbstständigen Lernen zu befähigen. Ich würde sagen die Antwort B ist richtig.
Andreas: Bingo. Da haben wir schon mal die erste von zwei richtigen Antworten. Wie sieht es denn mit der Antwortmöglichkeit C aus?
Ich glaube, hierbei geht es um die geschäftsprozessorientierte Ausbildung.
Silke: Was meinst du damit?
Bianca: Naja, wenn ein Ausbildungsbetrieb ausbilden möchte, sollte dieser sich zunächst an seine eigenen Geschäftsprozesse orientieren. Das bedeutet, welche Produktions- oder Dienstleistungsprozesse im Unternehmen sind vorhanden, sodass in dem entsprechenden Beruf ausgebildet werden kann.
Silke: Darauf wäre ich nicht so schnell gekommen.
Marcel: Aber, muss denn der Ausbildungsbetrieb sich nicht an die Vorgaben aus dem Ausbildungsrahmenplan des jeweiligen Berufes halten?
Andreas: Ja, das muss der Ausbildungsbetrieb tun, aber erst im zweiten Schritt. Denn, als erstes muss der Ausbildungsbetrieb doch Geschäftsprozesse haben, die eine Ausbildung zulassen und dann erst den Vergleich mit dem Ausbildungsrahmenplan anstreben.
Marcel: Ja, stimmt. Sonst würden ja Ausbildungsbetriebe nur nach den staatlichen Vorgaben der Ausbildungsrahmenpläne ausbilden und ihre eigene Geschäftstätigkeit außen vor lassen. Und das ist ja wohl nicht der Sinn einer Ausbildung von Azubis zu vollwertigen Fachkräften in Unternehmen.
Andreas: Sehr gut argumentiert. Und ist jetzt die Antwort C richtig oder falsch?
Silke: Von dem, was ich jetzt alles mitbekommen habe, würde ich sagen, dass die Antwort C richtig ist. Denn die berufliche Handlungsfähigkeit wird ja hier im Arbeitsprozess vermittelt.
Andreas: Goldrichtig. Da ja hier zwei Antwortmöglichkeiten richtig sind und wir Lösung B und Lösung C als richtig erkannt haben, fragt sich nur, warum ist D falsch?
Mich stören hier zwei Sachen. Zum einen die „Beistelllehre“ und zum anderen: „einfache Tätigkeiten“.
Marcel: „einfache Tätigkeiten“ ist irgendwie Quatsch. Das fördert doch höchstens die Langeweile und Unselbstständigkeit, nicht aber die Handlungsfähigkeit.
Silke: Und was ist mit „Beistelllehre“ gemeint?
Andreas: Der Begriff „Beistelllehre“ kommt aus dem Handwerk. Dabei beobachtet der Azubi den Meister bei der Arbeit und versucht das gesehene nachzumachen. Diese Vorgehensweise ist seit Jahrzehnten überholt.
Silke: Ja, vor allem, weil ich mir nicht vorstellen kann, wie der Azubi dann eigenständig Aufgaben bearbeiten soll. Weil die Arbeits- und Lernprozesse ja auch immer komplexer werden.
Andreas: Sehe ich genauso.
Marcel: Damit hätten wir ja auch diese AEVO Prüfungsaufgabe richtig gelöst. Hätte nicht gedacht, dass das so komplex ist.
Bianca: Ja, und ich glaube, wenn man die Prüfungsfragen sich in aller Ruhe richtig durchliest, auf Generalisierungen achtet und was hier wirklich gefragt ist, dass man dann auch weiterkommt.
Silke: Und ich habe gelernt, dass man sich bei Prüfungsaufgaben voll auf die Aufgabe konzentrieren muss. Wenn in der schriftlichen AEVO-Prüfung solche komplexen Fragen kommen, dann mache ich mir am besten auf einen Schmierzettel Notizen.
Andreas: Ja, das ist möglich. Du fragst dann einfach die Prüfungsaufsicht, ob sie dir ein Konzept Papier gibt, denn ihr dürft nur das Papier der IHK nutzen.
Silke: Guter Hinweis.
Video: Wie beantwortet man Fragen in der schriftlichen AEVO-Prüfung richtig?
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