Wer haftet bei fehlerhafter Bewertung der Prüfung?
Katharina: Was die schriftlichen IHK-Prüfungen angeht, gibt es ja viele programmierte Fragen, die von den Prüflingen am PC bearbeitet werden. In diesem Fall gibt es ja eine automatisierte Lösungsschablone.
Marcel: Ja, da muss man erst mal eine fehlerhafte Bewertung ausfindig machen.
Andreas: Worum es heute geht, sind fehlerhafte Bewertungen in Prüfungen, woran Prüfer beteiligt sind.
Was wenn ein Prüfungsteilnehmer sich ungerecht behandelt fühlt?
Silke: Da ich ja mittlerweile auch IHK-Prüferin bin, hat man uns erklärt, wenn sich im Nachgang einer Prüfung ein Prüfungsteilnehmer ungerecht behandelt fühlt, wird eine lückenlose Nachvollziehbarkeit über den Verlauf der Prüfung und das Zustandekommen von Bewertungen benötigt.
Katharina: Du meinst also die Nachvollziehbarkeit auf den Unterlagen bzw. Protokollen, die Prüfer ausfüllen müssen.
Silke: Ja, denn jedem Prüfling steht es zu, nach Abschluss der Prüfung die Prüfungsunterlagen einzusehen.
Welche Unterlagen darf ein Prüfling nach der Prüfung einsehen?
Marcel: Was kommen denn da für Unterlagen in Frage?
Silke: Auf jeden Fall verschiedene Prüfungsprotokolle, Dokumentationen von Prüfungsabläufen, Korrekturanmerkungen und Korrekturergebnisse, Bewertungsbögen und Niederschriften zur Notenfindung.
Marcel: Dann wird praktisch die gesamte Leistung des Prüflings dokumentiert, sodass ein Dritter transparent einsehen kann, wie es zu dem Ergebnis gekommen ist.
Andreas: Ja, das ist wichtig für Prüflinge, die Einsicht in diese Unterlagen haben wollen, um gegebenenfalls einen begründeten Widerspruch gegen die Bewertung bei der zuständigen Kammer einzureichen.
Wie lange darf ein Prüfling Widerspruch einlegen?
Katharina: Und wie lange hat ein Prüfling Zeit, einen Widerspruch einzureichen?
Andreas: Nach der schriftlichen Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses haben Prüflinge, wenn die Kammer die Rechtsfolgebelehrung gemacht hat, einen Monat Zeit zum Widerspruch. Dieser Widerspruch muss schriftlich eingereicht und begründet werden.
Welche Gründe führen einen Widerspruch an?
Marcel: Und wie könnte so eine Begründung aussehen?
Andreas: Bei der Begründung sollte man sich zunächst darauf beziehen, was im Prüfungsprotokoll festgehalten wurde. Sollten Aussagen im Prüfungsprotokoll nur vage formuliert sein, dann stellt man am besten offenen Fragen, um den Sachverhalt zu klären.
Marcel: Kannst du mal ein Beispiel für eine vage Formulierung eines Prüfers geben?
Andreas: Wenn zum Beispiel drinsteht: „sinnlos“, „Leistungen nicht ausreichend“ oder „geht gar nicht“, dann lässt sich daraus kaum etwas greifbares für den Prüfungsteilnehmer ableiten.
Katharina: Und, wer haftet nun, wenn die Prüfer einen Fehler gemacht haben?
Andreas: Nun ja, eine Haftung tritt erst dann auf, wenn einem Prüfungsteilnehmer ein Schaden entstanden ist und wenn im Prüfungswesen dieser Schaden durch schuldhaftes Verletzen von rechtlichen Vorschriften ausgelöst wurde.
Welche rechtlichen Vorschriften müssen beachtet werden?
Katharina: Welche rechtlichen Vorschriften können das sein?
Andreas: Zum Beispiel die Einhaltung von Prüfungszeiten oder dass jeder Prüfling die gleichen Hilfsmittel zur Verfügung bekommt.
Silke: Und, wenn die Prüfer einen inhaltlichen Fehler machen? Ich meine etwas fachliches, wo es zum Beispiel unterschiedliche Ansichten gibt.
Andreas: Spielen wir doch das mal durch. Wenn jetzt zum Beispiel ein Prüfling nach der Prüfung Einsicht in die Prüfungsprotokolle nimmt und feststellt, dass es aus seiner Sicht fachlich, also inhaltlich nicht korrekt ist, wie die Prüfer ihn bewertet haben. Dann legt der Prüfling erst einmal einen begründeten Widerspruch bei der Kammer ein, und die Prüfer müssen eine Stellungnahme abgeben. Sind die Prüfer der Ansicht, dass sie fachlich auf dem richtigen Weg sind mit ihrer Bewertung, dann wird die Kammer den Widerspruch ablehnen. Und in diesem Widerspruchsbescheid befindet sich eine Rechtsbehelfsbelehrung, dass der Prüfling gegen diesen Widerspruch vor dem Verwaltungsgericht klagen kann. Wird die Klageschrift inklusive aller Beweise dem Richter vorgelegt, so wird der Richter, der ja kein Fachexperte in dem entsprechenden Prüfungsgebiet ist, sich inhaltlich, also fachlich nicht einmischen in die Bewertung der Prüfer.
Marcel: Also, hat man bei einem Rechtsverfahren nur Chancen, wenn rechtliche Vorschriften von den Prüfern missachtet wurden.
Wer haftet bei fehlerhafter Bewertung?
Andreas: Ja, und in diesem Fall bleibt dennoch die Frage offen, ob, wenn ein Prüfer rechtliche Vorschriften missachtet hat, dieser auch haftet?
Katharina: Eigentlich müsste ja der Prüfer dafür haftbar gemacht werden.
Andreas: Im Rechtsempfinden schon, aber, da die Mitglieder des Prüfungsausschusses in der Ausübung des ihnen hoheitlich übertragenen Amtes handeln, wird hier von Amtshaftung gesprochen.
Katharina: Und, was heißt das jetzt?
Andreas: Beim Bewerten von Prüfungsleistungen haftet nicht der Prüfer selbst, sondern es haftet die jeweilige Kammer.
Katharina: Dann könnten ja die Prüfer in der Bewertung machen was sie wollen, da sie nicht zur Verantwortung gezogen werden.
Wann und wodurch ist man zum Prüfer geeignet?
Andreas: Bevor Prüfer in ihr Amt berufen werden, werden sie geprüft, ob sie sachkundig sind und für die Mitwirkung im Prüfungswesen geeignet sind. Das bedeutet, es muss ein Urteilsvermögen, Verantwortungsbewusstsein und eine gewisse menschliche Reife vorhanden sein.
Silke: Außerdem wird man als Prüfer belehrt, dass man die Rechtsvorschriften für das Prüfen einhalten muss. In den Prüfungsausschüssen liegt es in der Verantwortung des Vorsitzenden, dass diese Rechtsvorschriften auch wirklich eingehalten werden.
Marcel: Also können wir uns merken, dass bei einer fehlerhaften Prüfung immer die jeweilige Kammer haftet.
Andreas: Genau, deshalb geben auch manche Kammern einem begründeten Widerspruch von Prüflingen aus Kulanzgründen nach.
Keine Kommentare