Welches Aufgaben- und Rollenverständnis haben Ausbilder?
Katharina: Worin liegt denn jetzt der Unterschied zwischen der Aufgabe und der Rolle eines Ausbilders?
Andreas: Aufgaben sind Tätigkeiten, Personen und Prozesse, für die der Ausbilder verantwortlich ist. Eine Rolle bekommt der Ausbilder oder eine Führungskraft von den Azubis oder Mitarbeitern zugeteilt. So wie er gerade von anderen wahrgenommen wird.
Katharina: Ah, verstehe, dann starten wir doch gleich mal mit den Aufgaben, die ein Ausbilder hat.
Welche Aufgaben hat ein Ausbilder?
Marcel: Na, das sind ja eine ganze Menge. Hierzu gehören:
- die Vermittlung der festgelegten Ausbildungsinhalte
- die praxisbezogene Unterweisung
- die Erteilung von Arbeitsaufträgen
- die Anwendung von Arbeits- und Lernkontrollen
- die Durchsicht der Ausbildungsnachweise
- das Führen von regelmäßigen Feedbackgesprächen
- die Beurteilung und Förderung der Auszubildenden
Silke: Na, du kennst dich ja aus. Das war ja sehr umfangreich. Und deine eigentliche Tätigkeit als Fachkraft? Wer macht diese?
Marcel: Da ja die meisten Ausbilder nebenamtlich ausbilden, erhalten einige von ihnen den Freiraum sich um die Azubis zu kümmern.
Andreas: Stimmt, und weil Ausbilder die Ausbildung von mehreren Azubis nicht parallel und tagtäglich begleiten können, müssen zur Unterstützung weitere engagierte und interessierte Mitarbeiter gefunden werden, die bereit und fähig sind, bei der Ausbildung zu unterstützen. Diese Mitarbeiter werden in vielen Unternehmen „Ausbildungsbeauftragte“ genannt.
Katharina: Also kann der Ausbilder auch seine Aufgaben delegieren.
Silke: Ich kenne Ausbilder in vielen Unternehmen, die in der Haupttätigkeit Abteilungsleiter, Bereichsleiter, Personalleiter oder eine andere Führungskraft sind.
Katharina: Sind das denn die Ausbilder, die bei der zuständigen Kammer eingetragen sind und die persönliche und fachliche Eignung vorweisen müssen?
Welche Rolle übernimmt ein Ausbilder?
Andreas: Ja, genau diese sind damit gemeint. Ob nun Ausbilder oder Ausbildungsbeauftragter. Sie alle können tagtäglich den Azubi begleiten und haben, ob sie es wollen oder nicht, bestimmte Rollen.
Marcel: Und die Rolle des Ausbilders hat sich in den in den letzten Jahren stark gewandelt: vom rein fachlichen Experten und Lehrer zum Berater, Coach, Mentor, Trainer, Motivator, Lernprozessbegleiter – oder gar Elternersatz.
Andreas: Genau, es steht nicht nur die Vermittlung von Fachwissen, sondern ebenso die Stärkung der persönlichen Entwicklung des Auszubildenden im Vordergrund.
Silke: Wollen wir nicht erst einmal über die klassischen Rollenbilder sprechen, die ein Ausbilder innehat.
Katharina: Gute Idee.
Was sind klassische Rollenbilder?
Andreas: Ich kenne da die acht klassischen Rollen.
Katharina: Waaas acht Rollen? Ist das nicht etwas übertrieben? Aber erzähl mal.
Die Rolle des Fachexperten
Andreas: Als erstes ist der Ausbilder Fachexperte auf seinem Gebiet. Er braucht also ein fundiertes Fachwissen als Grundlage für die Ausbildungstätigkeit.
Silke: Deshalb müssen Ausbilder immer auf dem aktuellen Stand sein. Das bedeutet, sich ständig weiterzubilden.
Die Rolle des Lehrenden
Marcel: Genau, ein erstklassiger Fachmann zu sein reicht aber oftmals nicht aus, um junge Erwachsene in dem jeweiligen Fachgebiet auch unterrichten zu können.
Andreas: Deshalb ist nur ein lehrender Ausbilder ein guter Ausbilder. Das ist auch schon die zweite Rolle.
Katharina: Du meinst, dann muss er wissen, wie er sein Fachwissen vermittelt und welche Methoden er für welche Zwecke einsetzen kann?
Andreas: Ja genau. Dementsprechend ist Methodenkompetenz gefragt.
Silke: Meines Erachtens sollte der Ausbilder Methoden für Fertigkeiten, wie z. B. die 4-Stufen-Methode, Methoden für die Verhaltensänderungen der Azubis und Methoden für das selbstbestimmte Lernen, wie z. B. die Leittextmethode anwenden können.
Marcel: Aber ebenso rhetorisches Geschick für ein zielorientiertes Lehrgespräch ist gefragt.
Die Rolle des Erziehers
Andreas: Bei der dritten Rolle geht es darum, als Erzieher für einen guten Charakter der Azubis zu sorgen.
Katharina: Ja, ich kann mir vorstellen, dass Jugendliche leichter und motivierter lernen, wenn sie sich von ihrem Ausbilder respektiert und anerkannt fühlen.
Silke: Deshalb ist es für den Ausbilder wichtig zu wissen, wie man mit den Auszubildenden richtig umgeht. Der Ausbilder sollte ein kooperativer Lernpartner sein und persönliche sowie soziale Fähigkeiten seiner Azubis fördern.
Marcel: Aber es geht um mehr. So zum Beispiel um die Beantwortung der Frage: Welche Schlüsselqualifikationen brauchen Ausbilder im Umgang mit Ihren Azubis?
Katharina: Und welche sind das?
Marcel: Ich finde, dass der Ausbilder kritikfähig sein sollte. Er sollte berechtigte Kritik an der Weiterentwicklung seines Fachwissens tolerieren.
Silke: Um seiner Rolle als Erzieher gerecht zu werden, braucht ein Ausbilder auf jeden Fall Empathie, Belastbarkeit, Selbstbewusstsein und Kooperationsbereitschaft.
Die Rolle des Vorbilds
Andreas: Bei der vierten Rolle geht um die Vorbildwirkung des Ausbilders. Und die hat seine Grenzen.
Katharina: Warum das denn?
Andreas: Na, ist man als Ausbilder oder Führungskraft immer und zu jeder Zeit Vorbild?
Marcel: Na, immer wieder kommt es vor, dass vor den Augen der Azubis gepfuscht, Pausenzeiten überschritten oder Sicherheitsregeln ignoriert werden.
Silke: Genau, und für die Entwicklung von jungen Menschen ist das fatal. Solches Verhalten wird – oft unreflektiert – kopiert und beeinflusst den betrieblichen Alltag erheblich, und das über Jahre.
Die Rolle des Vorgesetzten
Katharina: Worum geht es denn jetzt bei der fünften Rolle?
Andreas: Um die Rolle als Vorgesetzter.
Marcel: Ja, weisungsberechtigt ist der Ausbilder gegenüber dem Azubi schon. Im § 13 des BBiG unter Punkt 3 heißt es: Auszubildende haben die Weisungen zu befolgen, die ihnen im Rahmen der Berufsausbildung von Ausbildern oder anderen weisungsberechtigten Personen erteilt werden.
Silke: Und kommt es zu Unklarheiten müssen Ausbilder die Sache klären. Obendrein geht es auch darum, als Führungskraft die Motivation der Auszubildenden zu fördern. Denn unzufriedene Azubis will keiner.
Marcel: Stimmt, denn dadurch werden im schlimmsten Fall Ausbildungsabbrüche provoziert. Unter dem Strich wird hier immer die Frage gestellt: „Weshalb hat es mit dem Ausbilden nicht funktioniert?“
Katharina: Also sollte man sich als Ausbilder auf der Vorgesetztenrolle nicht ausruhen. Wie geht´s denn jetzt weiter mit der sechsten Rolle?
Die Rolle der Bezugsperson
Andreas: Um die Rolle als Bezugsperson. Als Ausbilder ist man ständiger Ansprechpartner für seine Azubis. Damit erfüllt der Ausbilder die Fürsorgepflicht gegenüber dem Azubi.
Silke: Stimmt, er organisiert, plant und leitet nicht nur die Arbeit, sondern hat auch einen Blick auf die emotionale Ebene seiner Azubis. Dazu zählt es auch, dem Azubi in schwierigen Situationen aktiv zuzuhören.
Marcel: Ja und infolgedessen hilft er bei der Klärung und Lösung von zwischenmenschlichen Problemen und Konflikten im Ausbildungsalltag.
Die Rolle des Personalentwicklers
Andreas: Wenn wir uns die siebte Rolle ansehen, dann fördert der Ausbilder als Personalentwickler die Entwicklung seines Azubis.
Katharina: Naja, die Ausbildungsabteilung ist ja auch ein Teilbereich der Personalentwicklung. Der Ausbilder kann zum Beispiel durch ein Beurteilungsgespräch die Eignung für bestimmte Aufgabengebiete des Auszubildenden feststellen und erhält eine Rückmeldung über die Wirksamkeit seiner Arbeitsmethoden.
Silke: Auch an der Entwicklung der Beurteilungsbögen sollte der Ausbilder beteiligt werden. Schließlich sollte es das Ziel sein, dass dem Unternehmen nach Beendigung der Ausbildung kompetente Fachkräfte zur Verfügung stehen.
Marcel: Was ist denn jetzt die achte und letzte Rolle des Ausbilders?
Die Rolle des Kollegen
Andreas: Eigentlich die, die jeder Mitarbeiter hat. Und zwar die Rolle als Kollege. Nur ein bisschen anders.
Katharina: Wieso anders?
Andreas: Als Kollege im Team haben Ausbilder selbstverständlich auch ihren Platz. Dazu gehört das Zugehörigkeitsgefühl: „Einer für Alle und Alle für Einen“. Anders deshalb, weil der Ausbilder als Führungskraft oft noch nach Feierabend im Unternehmen bleibt, um liegengebliebenes aus dem Ausbildungsalltag aufzuarbeiten.
Silke: Ja, das bedeutet, zusätzliche Arbeitszeit investieren, für das gleiche Gehalt der Kollegen. Das fühlt sich nicht kollegial an.
Zusammenfassung
Katharina: Acht Rollen. Können wir die nochmal kurz auf den Punkt bringen?
Marcel: Ich versuch´s mal.
- Fachexperte
- Lehrender
- Erzieher
- Vorbild
- Vorgesetzter
- Bezugsperson
- Personalentwickler und
- Kollege
Silke: Prima
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