Ausbilder, Vorbild, Kompetenzen & Co
Marcel: Ich finde, die Betreuung von Azubis ist eine wichtige Aufgabe und wird viel zu wenig anerkannt.
Bianca: Ja, dem kann ich nur zustimmen. Denn, die meisten Ausbildungsbeauftragten und Ausbilder übernehmen die Betreuung der Azubis nebenher.
Marcel: Und das alles bei gleichem Gehalt, obwohl die Ausbilder neben ihren eigentlichen Aufgaben Verantwortung für ihre Azubis übernehmen. Aus meiner Sicht ist das eine Führungsaufgabe.
Andreas: Und was, eurer Meinung nach, macht einen guten Ausbilder aus?
Silke: Auf jeden Fall, eine gute Menschenkenntnis und auch einige Sozialkompetenzen.
Bianca: Ich finde, die Vorbildwirkung ganz wichtig.
Marcel: Naja, ein guter Ausbilder sollte auf jeden Fall Fachexperte auf seinem Gebiet sein.
Silke: Aber, es gibt doch schnelllebige Berufe, wie zum Beispiel im IT und Marketingbereich. Da sind doch die Azubis, den erwachsenen Ausbildern oft ein weiteres Stück voraus. Ich denke da an Nerds mit einem bestimmten Faible.
Bianca: In dem Fall wäre ja plötzlich der Azubi der Fachexperte.
Andreas: Ja, das ist in einigen Gebieten auch tatsächlich der Fall. Aber, was sollte denn der Ausbilder in solchen Situationen tun?
Was ist, wenn mir als Ausbilder die fachlichen Kompetenzen fehlen?
Marcel: Wenn ich merke, dass mein Azubi fachlich fitter ist und mir weit voraus ist, dann bedeutet das für mich, dass ich mich weiterbilden muss, um auf dem aktuellen Stand zu sein.
Silke: Wenn ich, als Ausbilder, fachlich mal nicht weiterweiß, dann würde ich mich intern schlau machen und später dem Azubi das aktuelle Wissen weitergeben.
Andreas: Gut gut. Welche Kompetenzen, lassen sich denn aus der Rolle als Fachexperte ableiten?
Bianca: Ich würde sagen, eine gewisse Offenheit gegenüber Veränderungen.
Marcel: Meiner Meinung nach sollte die Lernbereitschaft des Ausbilders sehr hoch sein.
Silke: Ich finde, dass der Ausbilder kritikfähig sein sollte. Er sollte berechtigte Kritik an der Weiterentwicklung seines Fachwissens tolerieren.
Andreas: Mit der Rolle als Fachexperte haben wir schon mal die erste, von sechs unterschiedlichen Rollen eines Ausbilders auf den Punkt gebracht.
Bianca: Und was sind die anderen 5 Rollen, die ein Ausbilder so inne hat?
Andreas: Du hattest ja vorhin über die Vorbildwirkung gesprochen. Das ist zum Beispiel auch eine wichtige Rolle. Dann gibt es noch die Rolle als Lehrender, Erzieher, Vorgesetzter und als Bezugsperson.
Kann denn ein Ausbilder ein gutes Vorbild sein?
Marcel: Um mal auf die Funktion als Vorbild zurückzukommen. Kann denn ein Ausbilder immer ein gutes Vorbild sein? In meiner Ausbildung war das jedenfalls nicht so. Mein Ausbilder hatte auch mal die Pausenzeiten überschritten oder Sicherheitsregeln ignoriert.
Andreas: Und wie haben du und die anderen Azubis darauf reagiert?
Marcel: Wir sind auch länger in die Pause geblieben. Wir dachten, was der kann, das können wir auch.
Silke: Vom Prinzip her habt ihr als Azubis dann alles richtig gemacht. Denn ihr habt das nachgemacht, was euch der Ausbilder vorgemacht hat.
Bianca: Aber das ist ja bestimmt nicht der Plan einer guten Ausbildung. Und besonders gut reflektiert hat euer Ausbilder sein Verhalten bestimmt nicht.
Andreas: Also, braucht ein Ausbilder für seine Funktion als Vorbild eine gewisse Reflexionsfähigkeit. Eine weitere wichtige Kompetenz.
Der Ausbilder als Lehrender und Erzieher
Silke: Andreas, du hattest vorhin auch die Rolle als Lehrender angesprochen. Meintest du damit, dass es zwar viele Fachexperten auf ihrem Gebiet gibt, aber nicht jeder in der Lage ist, sein Fachwissen weiterzugeben.
Andreas: Ja genau. Denn als Lehrender ist Methodenkompetenz gefragt. Hier sollte ein Ausbilder unterscheiden können, welche Methoden er für welche Zwecke einsetzt.
Bianca: Und welche könnten das sein?
Andreas: Um Fertigkeiten zu vermitteln, ist zum Beispiel die 4-Stufen-Methode sinnvoll. Und wenn es darum geht, dass der Azubi seinen Umgang mit Kunden verbessert, ist ein Rollenspiel angebracht.
Marcel: Das sind gute Beispiele, aber du hattest vorhin auch von der Rolle als Erzieher gesprochen. Ist das nicht Sache der Eltern?
Silke: Aber, haben die Eltern ab einem bestimmten Alter überhaupt noch so einen großen Einfluss auf Jugendliche?
Bianca: Bei mir war das jedenfalls nicht mehr so. Ich hatte einen großen Freundeskreis und hab mich eher daran orientiert.
Andreas: Ja, und warst du in deiner Situation damals persönlich so gereift, dass du auch ohne deinen Freundeskreis Erwachsenen gegenüber selbstbewusst aufgetreten bist?
Bianca: Ohne meinen Freundeskreis habe ich mich damals, was Erwachsene angeht, etwas unsicher gefühlt.
Andreas: Das liegt wahrscheinlich daran, dass unsere Persönlichkeit Schritt für Schritt heranwächst. Welche Kompetenzen muss denn ein Ausbilder hier mitbringen, um seiner Rolle als Erzieher gerecht zu werden?
Bianca: Auf jeden Fall Empathie, also Einfühlungsvermögen.
Marcel: Ich würde sagen, Belastbarkeit und Selbstbewusstsein.
Silke: Kooperationsbereitschaft darf hier aber auch nicht fehlen. Jetzt haben wir über die Rolle als Fachexperte, die Vorbildfunktion, die Rolle als Lehrender und Erzieher gesprochen. Was aber verbirgt sich hinter der Rolle als Bezugsperson?
Andreas: Na, ganz einfach. Wenn ihr mit Jugendlichen zusammenarbeitet und alles super läuft. Das heißt, sie finden euch in Ordnung und ihr seid sogar ein gutes Vorbild. Dann kann es passieren, dass ihr immer wieder von euren Azubis gefragt werdet und die Tipps, die ihr verteilt, auch sofort angenommen werden. In diesem Fall seid ihr plötzlich eine Bezugsperson, also ein ständiger Ansprechpartner für euren Azubi.
Silke: Ja, und welche Kompetenzen muss der Ausbilder hierfür mitbringen?
Bianca: Ich würde sagen auf jeden Fall eine gute Kommunikationsfähigkeit und auch hier wieder Empathie.
Marcel: Ich würde sogar noch etwas weitergehen und finde das Aktive Zuhören und Toleranz als wichtige Kompetenzen als Bezugsperson.
Der Ausbilder als Vorgesetzter
Andreas: Prima. Bei der letzten Funktion des Ausbilders geht es ja um die Rolle des Vorgesetzten. Wann sollte diese Rolle zum Einsatz kommen?
Silke: Ich würde diese Rolle nicht so übertreiben, sondern einsetzen, wenn es zum Beispiel um sicherheitsrelevante Aufgaben geht.
Bianca: Sehe ich auch so, denn der Ausbilder ist immerhin dem Azubi gegenüber weisungsberechtigt.
Marcel: Ja, und welche Kompetenzen braucht der Ausbilder hierfür?
Andreas: Der Ausbilder sollte in der Lage sein Grenzen zu setzen, also auch mal nein zu sagen. Durchsetzungsfähigkeit ist hier gefragt, aber auch Konfliktfähigkeit und die Fähigkeit immer in Kontakt mit dem Azubi zu bleiben.
Silke: Andreas, kannst du bitte noch mal die sechs verschiedenen Rollenbilder eines Ausbilders und deren Kompetenzen zusammenfassen?
Andreas: Ja klar. Wir hatten folgende sechs verschiedenen Rollenbilder des Ausbilders im Blick.
- Der Fachexperte mit Offenheit gegenüber Veränderungen, Lern- und Kritikbereitschaft.
- Die Vorbildfunktion mit der Fähigkeit sein Verhalten zu reflektieren.
- Die Rolle als Lehrender, um mit unterschiedlichen Ausbildungsmethoden seinen Azubis das Fachwissen beizubringen.
- Die Rolle als Erzieher, wo der Ausbilder Einfühlungsvermögen, Belastbarkeit und ein gewisses Selbstbewusstsein braucht.
- Die Bezugsperson für Azubis, wo eine gute Kommunikationsfähigkeit, Toleranz und aktives Zuhören gefragt sind.
Und 6. Die Eigenschaft als Vorgesetzter, wenn es darum geht Grenzen zu setzen. Hier braucht der Ausbilder Konfliktfähigkeit und Durchsetzungsvermögen.
Video: Welche Kompetenzen sollte ein Ausbilder mitbringen?
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