Motivationsgespräch mit Ihrem Azubi

Ein Motivationsgespräch mit Ihrem Azubi steht an. Welche Fragen bringen Sie wirklich weiter? Vertrauen im Gespräch gelingt durch offene Fragen.

Motivationsgespräch

Wann beim Ausbilder die Alarmglocken klingeln sollten.

Wenn ihr Azubi nur noch eine mürrische Miene zieht, ständig zu spät kommt oder sich Kunden über ihn beschweren, dann sollten beim Ausbilder die Alarmlampen blinken. Mit anderen Worten: Es ist höchste Zeit für ein Motivationsgespräch. Höchste Zeit deshalb, weil es dann eigentlich schon zu spät sein kann. Mit dem Gedanken „Ich lerne hier eh nichts“, denkt ihr Azubi vielleicht schon über den Abbruch seiner Ausbildung nach. Auf jeden Fall sollten Sie als Ausbilder Maßnahmen zur Rettung einer zukünftigen Fachkraft unternehmen. Drückeberger sind hier nicht gefragt, sondern Ausbilder, mit Autorität. Ein Ausbilder der sich fragt, ob er Führungskraft oder Kumpel sein möchte. Der entscheidet, wann er seinem Azubi mehr Raum gibt und wann er durchgreift. Dazu gehört es auch, die Schwächen und Stärken seines Azubis kennen.

 

Ein Motivationsgespräch steht an – Welche Fragen bringen Sie wirklich weiter?

Vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre schaffen

Auch wenn Ihr Azubi weiß, dass er sich keine nennenswerten Verfehlungen geleistet hat, sorgt es für eine gewisse Anspannung und Nervosität, wenn Sie als Ausbilder zum Gespräch bitten.

Tabu sind deshalb Sätze wie:
„Sie reißen sich derzeit aber auch kein Bein aus.“
„Was denken Sie sich eigentlich dabei?“
„Sie waren auch schon mal besser.“

Besser sind eine freundliche Begrüßung und ein Dankeschön für das Kommen. Setzen Sie sich als Ausbilder nicht direkt gegenüber Ihrem Azubi, denn diese Position erinnert an ein Verhör. Besser ist, wenn Sie sich beide über Eck gegenübersitzen. Dies lockert die Situation auf.

Für eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre empfehlen sich offene Fragen.

  • Was bedrückt Sie derzeit?“
  • „Wie beurteilen Sie Ihre Arbeitsergebnisse?“
  • „Mein Eindruck ist, Sie sind nicht ganz bei der Sache. Wie sehen Sie das?“

Als Ausbilder sollten Sie dabei gut zuhören, anstatt Ihren Azubi zu belehren. Normalerweise wird Ihr Azubi seine Chance ergreifen und mit der Sprache rausrücken. Es sei denn, Sie als Ausbilder sind das Problem.

Was kommt auf Ihren Azubi zu? Das Gespräch erklären.

Gleich zu Beginn sollten Sie Ihrem Azubis sagen, aus welchem Anlass das Gespräch stattfindet. Wenn Ihr Azubi weiß, warum er zum Gespräch gebeten wurde, kann er sich viel besser auf das Gespräch einlassen. Andernfalls wird er im Hinterkopf haben, dass am Ende vielleicht doch noch eine böse Überraschung folgt.

„Heute geht es um Ihre aktuelle und weitere Entwicklung bei uns.“
„Dazu sprechen wir darüber, was sehr gut läuft und wo es momentan hakt.“
„Ohne Ihre Einschätzung geht da nix. Wichtig ist deshalb auch Ihre eigene Meinung.“
„Vorgesehen hierfür sind circa 45 Minuten.“

Mit welchen Ich-Botschaften schildern Sie die eigene Sicht der Dinge?

Schildern Sie als Ausbilder zunächst Ihre Sicht der Dinge. Wichtig hierbei ist aber, nicht einfach nur aus dem Blauen heraus zu erzählen, sondern Ihre Aussagen mit konkreten Beispielen untermauern. Hier hat sich zum Beispiel die SAG ES – Methode gut bewährt.

Beispiel 1: „Mir ist aufgefallen, dass nach Feierabend Ihr Arbeitsplatz unaufgeräumt bleibt. Mir bleibt dann nichts weiter übrig, als die anderen Azubis zu bitten Ihren Arbeitsplatz wieder in Ordnung zu bringen. Den anderen Azubis und mir geht es nicht gut damit, dass Sie bevorzugt behandelt werden. Wie kommt es denn dazu, dass Ihr Arbeitsplatz unaufgeräumt bleibt?

Beispiel 2: „Ich habe heute beobachtet, dass Sie schon wieder ohne Sicherheitsschuhe auf der Baustelle unterwegs waren. Ich befürchte, dass ich Sie nicht mehr auf der Baustelle einsetzen kann. Das ärgert mich, weil Sie ansonsten gute Arbeit leisten und dann Ihr Talent nicht mehr unter Beweis stellen können. Was ist denn los mit Ihnen?

Beispiel 3: „Eine Kundin hat sich bei mir beschwert, weil sie sich unfreundlich von Ihnen behandelt fühlt. Für mich heißt das, dass ich mich bei der Kundin im Namen der Firma entschuldigen muss. Mir ist es unangenehm, weil es in diesem Monat schon das dritte Mal bei der gleichen Kundin ist. Wie kommt es denn immer wieder dazu, dass sich die Kundin beschwert?

Jetzt wird es für Ihren Azubi leichter, die Inhalte richtig einzuordnen. Als Ausbilder hören Sie am besten aufmerksam zu und machen sich eventuell Notizen.

Haken Sie nur dann ein, wenn etwas unklar ist.

Was ist, wenn sich Ihr Azubi trotz offener Fragetechnik verschließt? Dann ist es Zeit, mit einer Gegenfrage die Thematik stärker zu fokussieren. In dieser Phase ist es für Sie als Ausbilder wichtig, immer objektiv zu bleiben. Schließlich sollen die eigenen Beobachtungen sachlich und auf den Punkt gebracht werden.

Ungünstig sind geschlossene Gegenfragen.
„Haben Ihre Kollegen einen Anteil daran?“
„Habe ich Ihnen etwas in den Weg gestellt?“
„Haben Sie das wirklich ernst gemeint?“

Optimaler sind offene Gegenfragen.
„Was hindert sie gerade daran, motiviert an die Arbeit zu gehen?“
„Wie darf ich ihre Frage verstehen?“
„Was verstehen Sie unter …“
„Was meinen Sie mit ….“

Im Anschluss können Sie als Ausbilder mit Ihren Azubi gemeinsam ihre Standpunkte besprechen und über unterschiedliche Ansichten diskutieren.

Wie suchen Sie gemeinsam nach Auswegen?

Ist das Problem erkannt, muss man es im nächsten Schritt lösen. Dazu ermuntern Sie Ihren Azubi selbstständig nach Auswegen zu suchen. Er soll formulieren, was er in Zukunft verbessern möchte. Das nimmt ihm das Gefühl der Bevormundung – und verleiht ihm Handlungsfähigkeit. Am besten eignen sich hierzu lösungsorientierte Fragen.

„Was können wir jetzt tun?“
„Wie können wir eine Lösung finden?“
„Was müsste passieren, damit Sie mehr Freude an Ihrer Ausbildung haben?“
„Welche Ideen haben Sie?“
„An welche Möglichkeiten haben wir noch nicht gedacht?“

Um die Stärken Ihres Azubis gezielt zu fördern ist es effektiver, wenn Sie als Ausbilder aufzeigen was Ihr Azubi besonders gut gemacht hat und wo noch Verbesserungspotenzial besteht.

„Ich bin sehr froh darüber, wie Sie sich in den dem ersten Ausbildungsjahr bei uns entwickelt haben.“ „Und eines muss man Ihnen lassen. In der in der Baugruppenmontage sind Sie ein Ass.“ „Auch von den Kollegen bekomme ich hier nur positives Feedback.“

„Derzeit sind Sie ja bei uns in der Reparaturwerkstatt eingesetzt. Ich habe den Eindruck, dass Sie sich dort nicht 100%-ig wohlfühlen. Obwohl Sie durchaus mehr Potenzial besitzen.“ „Insbesondere fällt mir auf, dass Sie kaum mit den anderen Auszubildenden und den Kollegen sprechen.“ „Wie können wir Sie unterstützen, damit Sie proaktiver auf die anderen Auszubildenden zugehen können.“

Ihr Azubis hat so nicht das Gefühl, sich verteidigen zu müssen, und wird eher bereit sein, offen über mögliche Schwierigkeiten zu sprechen. Gleichzeitig signalisieren Sie als Ausbilder, dass Sie auch wirklich bereit sind eine Lösung zu finden.

Das Motivationsgespräch mit einer Lösung beenden.

Nachdem Sie als Ausbilder gemeinsam mit Ihrem Azubi nach Auswegen gesucht haben, prüfen Sie, ob die Lösungsansätze realisierbar sind. Wenn ja, stellen sich neue Fragen.

Welche Idee ist ohne großen Aufwand sofort umsetzbar?
Was kann ich als Ausbilder tun?
Wie kann sich der Azubi einbringen?
Wo sind meine Grenzen als Ausbilder? Was kann ich nicht persönlich lösen?
Wer sollte noch mit ins Boot genommen werden?

Kurzum, ein Fahrplan für konkrete Maßnahmen muss her. Andernfalls wirkt das Gespräch wie eine nette Plauderei, die ihre Wirkung als Führungsinstrument verfehlt. Damit Ihre Maßnahmen und Zielvereinbarungen wirklich Orientierung geben und motivieren, sollten sie SMART formuliert sein. Das zeigt, dass Sie als Ausbilder am Erfolg Ihres Azubis interessiert sein sollten und keine Aufgaben „für die Tonne“ produzieren. Schließlich verfolgen Sie als Ausbilder durch das Motivationsgespräch ein bestimmtes Ziel und dieses Ziel sollte klar kommuniziert sein.

Spezifisch: Beispielsweise maßgerechte Fertigung der angeforderten Bauteile.
Messbar: Beispielsweise, wie viel Kundenkontakte dokumentiert wurden.
Attraktiv: Beispielsweise Ziele, die wirklich wichtig für den Azubi sind.
Realistisch: Beispielsweise Ziele, die der Azubi aus eigener Kraft erreichen kann.
Terminiert: Beispielsweise der genaue Zeitpunkt und Datum der Überprüfung.

Im Gesprächsprotokoll könnte Ihr Azubi ergänzend folgende Fragen beantworten:

Wie schätze ich meinen Ausbildungsstand ein?
Wo benötige ich noch Unterstützung? Zum Beispiel Übungsbedarf. 
Was sollte innerhalb der Ausbildung noch besser gemacht werden?

Die schriftliche Zusammenfassung der besprochenen Inhalte sollte dann nicht nur in die Personalakte wandern, sondern auch Ihr Azubi sollte eine Ausfertigung bekommen.

 

Einige Wochen später…

Maßnahmen, die von Ihrem Azubi im Motivationsgespräch als unwichtig und unbedeutend eingestuft werden, können auch keine Leistungsbereitschaft in ihm wecken. Neben dem Ausbildungsgehalt wird die persönliche Zufriedenheit im Arbeitsumfeld immer wichtiger. Deshalb erkundigen Sie sich als Ausbilder nach dem Fortschritt Ihrer Bemühungen.

In wie weit wurden die Maßnahmen vom Azubis und dem Ausbilder umgesetzt?
Welche Maßnahmen sind noch offen?
Wann ist das nächste Gespräch mit dem Azubi vereinbart worden?

Wie werte ich die bisherigen Erfolge und Misserfolge meines Azubis aus?

Sie kennen den Spruch „Es gibt keine dummen Fragen.“ Deshalb gibt es abschließend für Sie als Ausbilder einige geschlossene Fragen zur Einstimmung auf das nächste Motivationsgespräch mit Ihren Azubi.

Habe ich meine Frage kurz (maximal 15 Worte), klar und eindeutig formuliert?
Richtet sich meine Frage direkt und auf Augenhöhen an meinen Azubi?
Gebe ich meinem Azubi ausreichend Zeit und bleibe dabei aufmerksam?
Nutze ich eine Ich-Botschaft, falls mir etwas unklar erscheint?

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