Kommunizieren können wir.
„Ich verstehe,…“. Kennen Sie diesen Auftakt zum eigenen Sprechen? „Ja, da haben Sie Recht, aber…“. Dabei beugt sich Ihr Gesprächspartner leicht vor und holt tief Luft. Kurzum, man redet aneinander vorbei und speist sich mit konventionellen Redewendungen ab.
Anders, wenn wir die Aufmerksamkeit auf den Gesprächspartner richten und gedanklich mitgehen. Hierbei hören wir uns sagen „Mhm“, „Aja“, „So“, „Ach“, „Ja“, „Ok“. Dabei runzeln wir die Stirn und ziehen unsere Augenbrauen hoch. Schließlich wollen wir unserem Gegenüber die Aufmerksamkeit hör- und sichtbar zeigen.
Manchmal tritt unsere eigene Meinung sehr stark in den Vordergrund. Dabei beziehen wir uns darauf, was unserer Gesprächspartner gesagt hat. „Du meinst, wenn…“, „Was du sagst, fasse ich so auf…“, „Ihnen ist wichtig, dass…“. Hierdurch versuchen wir, dass soeben Gehörte mit eigenen Worten wiederzugeben.
Während wir weiterhin im Alltag so kommunizieren stellt sich Frage:
Fühlt man sich wirklich ernst genommen?
Aber, werden wir auch immer verstanden?
Während wir täglich so daherreden, nehmen wir nur 10-20% von dem bewusst wahr, was unser Handeln bestimmt. Immerhin können wir diesen Teil in unserem Verhalten und unserer Körpersprache sehen. Ebenfalls an unseren Worten orientieren wir uns.
Der Begründer der Psychoanalyse Sigmund Freud (1856 – 1939) hat in seinem Eisberg Modell auf die restlichen 80-90% hingewiesen. Also den verborgenen Teil in uns. Dazu gehören beispielsweise Gefühle, Stimmungen, Bedürfnisse, Werte und individuelle Erfahrungen.
Unter dem Strich ist es kein Wunder, dass wir oft im Dunkeln tappen, wenn es darum geht seinen Gesprächspartner wirklich zu verstehen.
Wie können wir durch das Aktive Zuhören besser kommunizieren?
Ein Beispiel:
„Ausgerechnet vor der neuen Aushilfskraft muss mir der Chef Vorhaltungen machen, wegen dieser Termingeschichte von neulich.“
Wie können Reaktionen auf diesem Satz aussehen?
Erste Reaktion
Ich verstehe -Zuhören: „Ich verstehe.“ „Genauso war es bei mir,…“
Zweite Reaktion
Aufnehmendes Zuhören: „Ach ja.“ „Na das ist ja mal wieder typisch.“
Dritte Reaktion
Umschreibendes Zuhören: „Du meinst, dass der Chef dich mal wieder richtig runter gemacht hat? „Meiner Meinung liegt das auch daran, dass…“
Vierte Reaktion = Aktives Zuhören:
In dem Beispielsatz schwingt auch Scham mit, vor anderen so blamiert zu werden. Obwohl von Blamage, Peinlichkeit oder Scham hier nicht die Rede war. Es kommt also nicht immer darauf an WAS gesagt wird, sondern WIE es gesagt wird. Demzufolge ist es hilfreich herauszufinden, was der andere in Wirklichkeit damit sagen will.
Mit anderen Worten ist hier Kommunikationsfähigkeit gefragt. Schließlich ist es nicht nur wichtig Botschaften klar und deutlich formulieren. Vielmehr gilt es Inhalte richtig zu verstehen und zu interpretieren. Das heißt auch, alle anderen Signale wie Mimik, Gestik und Körperhaltung zu entschlüsseln und entsprechend darauf zu reagieren.
- „So bloßgestellt zu werden ist echt peinlich.“ Kann ich was für dich tun?
- „Man oh man, was für eine Blamage.“ Wie ist es denn dazu gekommen?
- „Einfach demütigend diese Sache.“ Lass uns erstmal einen Kaffee trinken.
Kurzum, beim Aktiven Zuhören wird nicht nur auf das geachtet, was der andere sagt, sondern wie der andere spricht und sich verhält. Demzufolge lohnt es sich zu fragen:
- „Was empfindet mein Gesprächspartner?“
- „Wie ist ihm zumute?“
- „Was ist ihm an dem, was er gerade äußert, so wichtig?“
- „Was beschäftigt ihn daran so sehr?“
- „Welches Interesse will er damit verfolgen?“
Aktives Zuhören – Tipps für die Gefühlsansprache
- “Das hat dich überrascht.”
- „Jetzt bist du sauer.“
- “Nervt dich das?”
- “Jetzt bist du erleichtert.”
- “So etwas langweilt dich schrecklich.”
- “Das zieht dir glatt die Schuhe aus.”
- „Sieht aus, als hättest du noch Zweifel.“
- “Du fühlst dich pudelwohl.”
Aktives Zuhören – Tipps für eine Wunschansprache
- “Du möchtest vom Druck befreit sein.”
- „Möchtest du darüber sprechen?“
- “Du wünschst dir mehr Verständnis.”
- “Willst du das alleine machen.”
- “Jetzt hast du dir so sehr etwas anderes gewünscht.”
- “Du möchtest gern einen Sinn erkennen können.”
- “Vielleicht brauchst du einfach mehr Freiheit.”
- “Du wüsstest gern, wie es weitergehen soll.”
- “Hättest du lieber ein anderes Projekt?”
Fazit zum Aktiven Zuhören
Im beruflichen Alltag führen wir Gespräche mit Kunden, Kollegen, Mitarbeitern und Vorgesetzten. Abgesehen von den Momenten in denen alles super läuft, bleiben manchmal Konflikte nicht aus. Mit anderen Worten, wenn wir den Eindruck haben, dass etwas nicht stimmt, dann fühlen wir uns nicht mehr so wohl in unserer Haut. Folglich gibt es einen Anlass professionell zu kommunizieren. Früher oder später gewinnen wir durch das Aktive Zuhören mehr Klarheit und Einsicht. Abgesehen von dem eigenen guten Gefühl, welches dabei entsteht, kommen wir zu einer Problemlösung für alle Beteiligten.
Unterm Strich gibt es viele Möglichkeiten, kommunikative Kompetenzen zu erwerben. In der Praxis muss beim Aktiven Zuhören darauf geachtet werden, dass persönliche Grenzen nicht überschritten werden. Übrigens, äußert eine Person über etwas nicht sprechen zu wollen, heißt es dies zu akzeptieren. Zudem ist Aktives Zuhören nicht angebracht, wenn ein Angriff vorliegt oder eine Stellungnahme verlangt wird. In diesem Fall wird Aktives Zuhören sehr wahrscheinlich als ironisches „sich über etwas lustig machen“ aufgefasst.
Froggy
Posted at 08:24h, 19 AprilSie schreiben da etwas sehr Wichtiges: Aktives Zuhören ist nicht angebracht, wenn eine simple Stellungnahme erwartet wird.
Manchmal möchte ich eine zweite Meinung hören. Einen Input. Eine neue Idee, auf die ich selber nicht gekommen bin. Vielleicht sogar einen Widerspruch oder eine Ergänzung meiner Ansichten. Ich suche richtig danach, weil ich nicht sicher sein kann, ob meine eigenen Ansichten nicht zu extrem sind.
Ich kann mir auch mit Hilfe des aktiven Zuhörens nicht alles selber aus dem Fingern saugen. Weil ich nicht alles Wissen der Welt besitze.
Da ist es frustrierend für mich, wenn mein Gesprächspartner nur immer mich selber widerspiegelt. Hat er denn keine eigene Meinung? Sagt er immer nur, ja, ja, da hast Du dann dies und das empfunden. Oder gibt idealerweise meinen eigenen Gesprächsinhalt mit eigenen Worten wieder. So falle ich nur immer wieder auf mich selber zurück. Ich kreise während des ganzen Gesprächs nur um mich selbst.
Deshalb bin ich schon richtig ausgerastet, und habe jetzt ein schlechtes Gewissen deswegen.