Führung und die Macht der Ausbilder

Was ist Führung im klassischen Sinne? Die Antwort hängt ganz davon ab, wie Sie Führung definieren. Übrigens gibt es über 50 verschiedene Definitionen...

Führung

Was ist Führung im klassischen Sinne?

Die Antwort hängt ganz davon ab, wie Sie Führung definieren. Übrigens  gibt es über 50 verschiedene Definitionen des Begriffes, die zum Teil in völlig unterschiedliche Richtungen gehen.

  • „Stehe an der Spitze, um zu dienen, nicht, um zu herrschen!“
  • „Ein guter Feldherr ist so gut wie eine halbe Armee.“
  • „Werte kann man nicht lehren, sondern nur vorleben.“
  • „Wer andere beherrschen will, muß sich selbst beherrschen.“
  • „Wer Menschen nicht lieben kann, ist unfähig, sie zu führen.“

Ihre Definition von Führung ist der Maßstab, an dem Sie sich messen können. Er bestimmt, ob Sie sich selbst als Führungspersönlichkeit sehen und wie gut Sie darin sind.

Was ist Führung

Für mich persönlich bedeutet Führung zuerst mich selbst zu führen. Das klingt manchmal etwas altmodisch, weil ich authentisch hinter dem stehe, was ich tue. Mit dem „etwas tun“ meine ich eine Handlung, bei der ich kongruent mit mir bin. Zum Beispiel habe ich meine Ernährung seit einigen Monaten auf „vegan“ umgestellt. Genau hier fängt meine Selbstführung an. Trotzdem komme ich auch mal an meine Grenzen. Beispielsweise die Grillabende mit Nachbarn, wenn meine Kinder sich die Wurst reinhauen oder unsere Familienfeiern, die ohne Fleisch nicht stattfinden würden. Nur einmal habe ich eine Milchschokolade gegessen, die ich geschenkt bekam. Ganz ehrlich: Es hat lecker geschmeckt und ich habe es genossen. Mit anderen Worten, auch ein Scheitern darf mal sein.

Im Laufe meiner Zeit als Manager wurde ich geführt und habe selbst geführt.  Dabei sind mir viele merkwürdige Dinge zum Thema: „Führen“ begegnet. Beispielsweise Manipulation, Lügen, Charisma, Angst, Vertrauen, Aggression und Abwesenheit. Nun ja, keiner ist perfekt. Unter dem Strich machen da alle mit, keiner sagt was, aber alle scheinen irgendwie zu wissen, dass da was nicht stimmt.

Seit meiner Zeit als Trainer geht es mehr um die Führung von Gruppen, das Coaching von Führungskräften und die Beratung meiner Auftraggeber. In diesen unterschiedlichen Kontexten habe ich es mit Gruppendynamik, Expertenstatus und Vertrauen zu tun. Übrigens die Frage „Lassen Sie sich als Führungskraft gerne von anderen führen?“, fanden die meisten Führungskräfte in meinen Seminaren gruselig. Kurzum, nur bei ca. 20% der Führungskräfte war das Thema: „Führen lassen“ positiv besetzt.

 

Welche Führungseigenschaften sollten Ausbilder besitzen?

Die Führung von Auszubildenden ist eine spannende und interessante Aufgabe, die Ihren zeitlichen Einsatz erfordert. Eine gute Menschenkenntnis und Sozialkompetenz sind die Bausteine für erfolgreiches Führen von Auszubildenden. Auf jeden Fall sollten Ausbilder motivierende Ausbildungsmethoden anwenden, professionell auch schwierige Gespräche führen, Auszubildende fair beurteilen und fachkompetent führen. Was können Sie als Ausbilder am besten?

  • Kritik ertragen
  • eigene Grenzen erkennen
  • Eigeninitiative ergreifen
  • gerecht urteilen
  • selbstständig handeln
  • planvoll vorgehen
  • anderen helfen
  • arbeitssicher handeln
  • Menschenkenntnis
  • Einfühlungsvermögen
  • Toleranz üben
  • zielstrebig vorgehen
  • anschaulich erklären

 

Welche Führungsrollen haben Ausbilder?

Schließlich übernehmen Ausbilder gleichzeitig eine Führungsaufgabe und viel Verantwortung. Kurzum, die Anforderungen eines Ausbilders sind sehr umfangreich. Das zeigen die verschiedenen Identitäten und Rollen, die ein Ausbilder gleichzeitig hat.

Der Ausbilder als Fachmann auf seinem Gebiet.

Ein fundiertes Fachwissen ist zweifellos die Grundlage für die Ausbildungstätigkeit. Deshalb müssen Ausbilder immer auf dem aktuellen Stand sein. Das bedeutet, sich ständig weiterzubilden. Ein erstklassiger Fachmann zu sein reicht aber oftmals nicht aus, um junge Erwachsene in dem jeweiligen Fachgebiet auch unterrichten zu können.

Nur ein lehrender Ausbilder ist ein guter Ausbilder.

Er muss wissen, wie er sein Fachwissen vermittelt und welche Methoden er für welche Zwecke einsetzen kann. Dementsprechend ist Methodenkompetenz gefragt. Er sollte Methoden für Fertigkeiten, wie z.B. die 4-Stufen-Methode, Methoden für die Verhaltensänderungen der Azubis und Methoden für das selbstbestimmte Lernen, wie z.B. die Leittextmethode anwenden können. Ebenso rhetorisches Geschick für ein zielorientiertes Lehrgespräch ist gefragt. Zuletzt geht es auch um didaktische Fähigkeiten des Ausbilders. So zum Beispiel bei der Frage: Welcher Lerntyp ist mein Azubi?

Als Erzieher für einen guten Charakter der Azubis sorgen.

Jugendliche lernen leichter und motivierter, wenn sie sich von ihrem Ausbilder respektiert und anerkannt fühlen. Deshalb ist es für den Ausbilder wichtig zu wissen, wie man mit den Auszubildenden richtig umgeht. Der Ausbilder sollte ein kooperativer Lernpartner sein und persönliche sowie soziale Fähigkeiten seiner Azubis fördern. Aber es geht um mehr. So zum Beispiel um die Beantwortung der Frage: Welche Schlüsselqualifikationen brauchen Ausbilder im Umgang mit Ihren Azubis?

Die Vorbildwirkung als Ausbilders hat seine Grenzen.

Sind Ausbilder für Ihre Auszubildenden ein gutes Vorbild? Oder wird vor den Augen der Azubis gepfuscht, Pausenzeiten überschritten oder Sicherheitsregeln ignoriert. Für die Entwicklung von jungen Menschen ist das fatal. Solches Verhalten wird – oft unreflektiert – kopiert und beeinflusst den betrieblichen Alltag erheblich, und das über Jahre. Mehr zu diesem Thema können Sie im Artikel: „Lernen am Modell – Vorbildfunktion des Ausbilders“ lesen.

Schließlich bin ich der Vorgesetzte meines Azubis.

Ja, weisungsberechtigt ist der Ausbilder gegenüber dem Azubi schon. Im § 13 des BBiG unter Punkt 3 heißt es: Auszubildende haben die Weisungen zu befolgen, die ihnen im Rahmen der Berufsausbildung von Ausbildern oder anderen weisungsberechtigten Personen erteilt werden. Kommt es zu Unklarheiten, müssen Ausbilder die Sache klären. In diesem Zusammenhang geht es auch um die Führungseigenschaften des Ausbilders. Obendrein geht es es auch darum, als Führungskraft die Motivation Ihrer Auszubildenden zu fördern. Denn unzufriedene Azubis will keiner. Dadurch werden im schlimmsten Fall Ausbildungsabbrüche provoziert. Unter dem Strich wird hier immer die Frage gestellt: „Weshalb hat es mit dem Ausbilden nicht funktioniert?“

Immer ansprechbar als Bezugsperson für meinen Azubi.

Als Ausbilder ist man ständiger Ansprechpartner für seine Azubis. Damit erfüllt der Ausbilder die Fürsorgepflicht gegenüber dem Azubi. Er organisiert, plant und leitet nicht nur die Arbeit, sondern hat auch einen Blick auf die emotionale Ebene seiner Azubis. Dazu zählt es auch, dem Azubi in schwierigen Situationen Aktiv zuzuhören. Infolgedessen hilft er bei der Klärung und Lösung von zwischenmenschlichen Problemen und Konflikten im Ausbildungsalltag.

Als Personalentwickler fördere ich die Entwicklung meines Azubis.

Kurzum, die Ausbildungsabteilung ist ein Teilbereich der Personalentwicklung. Der Ausbilder kann zum Beispiel durch ein Beurteilungsgespräch die Eignung für bestimmte Aufgabengebiete des Auszubildenden feststellen und erhält eine Rückmeldung über die Wirksamkeit seiner Arbeitsmethoden. Auch an der Entwicklung der Beurteilungsbögen sollte der Ausbilder beteiligt werden. Schließlich sollte es das Ziel sein, dass dem Unternehmen nach Beendigung der Ausbildung kompetente Fachkräfte in der entsprechenden Anzahl (quantitative Planung), mit den erforderlichen Qualifikationen (qualitative Planung), zum richtigen Zeitpunkt (zeitliche Planung) zur Verfügung stehen.

 

Welchen Führungsmethoden setzen Ausbilder ein?

Management by-Konzepte beschreiben auf welche Weise Führung im Unternehmen umgesetzt werden soll. Drei klassische Management by-Führungstechniken sind:

  • Management by Objectives (MbO): Führen durch Zielvereinbarungen
  • Management by Exception (MbE): Führen nach dem Ausnahmeprinzip
  • Management by Delegation (MbD): Führen durch Übertragung von Kompetenzen

Ein Ziel der Management-by-Konzepte ist der langfristige Unternehmenserfolg. Meist übernehmen Ausbilder genau die Führungstechnik, die im Unternehmen gang und gäbe ist. In Mitarbeitergesprächen, Zielvereinbarungen und Beurteilungssystemen lässt sich schnell herausfinden, welche Führungstechnik angewendet wird. Überdies gibt es mehr als 40 dieser Management by-Konzepte, die unter dem Strich lediglich einen bestimmten Teilaspekt der Führung hervorheben. Obendrein ergeben sich hierdurch meist enge Verflechtungen mit Führungsstilen.

Führungsstil

Einfach nachvollziehbar und offensichtlich sind hierbei die eindimensionalen Führungsstile. Je nachdem in welchen Situationen sich Ausbilder befinden, können folgende drei Führungsstile sichtbar werden.

Autoritärer Führungsstil

Er ist dadurch gekennzeichnet, dass der Ausbilder mehr Abstand zu seinen Azubis hält. Dabei wird seine Vorgesetzteneigenschaft betont. Der Ausbilder wird bei Lob und Kritik persönlich und streng. Entscheidungen und Vorgaben kommen vom Ausbilder. Wird der autoritäre Führungsstil überzogen, dann werden die Azubis auf Dauer abhängig und widerspenstig. Das Einbringen eigener Ideen durch die Azubis ist nicht vorgesehen. Infolgedessen sinkt die Motivation der Azubis sich wirklich mit Freude an der Sache zu beteiligen. Allerdings gibt es Situationen im Ausbildungsalltag, in denen der autoritäre Führungsstil unumgänglich ist. Zum Beispiel:

  • Aufgabenerteilung und Arbeitsanweisungen für den Azubi.
  • Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften im Betrieb.
  • Das Tragen der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA) in der Werkstatt.

Kooperativer (demokratischer) Führungsstil

Der Ausbilder verzichtet nicht etwa ganz auf Führung, aber er nimmt seine Azubis ernst und versteht sich als ihr Helfer. Immerhin ist er ist offen für Anregungen der Azubis und ermutigt sie ich einzubringen. Mit anderen Worten: der Ausbilder scheut sich z.B. nicht, das Wörtchen „bitte“ im Umgang mit seinen Azubis zu gebrauchen. Soweit es von der Aufgabenstellung her vertretbar ist, entscheiden die Azubis. Kurzum, die meisten Azubis reagieren sehr positiv auf einen solchen Stil. Folglich arbeiten sie gut mit und sind dementsprechend zufrieden. Auch hier gibt es typische Situationen im Ausbildungsalltag, in denen der kooperative Führungsstil sinnvoll ist. Zum Beispiel:

  • Einbringen von eigenen Ideen bei Lehrunterweisungen.
  • Entscheidungsfreiheit bei der Urlaubsplanung und in Teammeetings.
  • Förderung der offenen Kommunikation in Beurteilungsgesprächen.

Laissez-faire-Führungsstil

Er ist durch große Nachgiebigkeit des Ausbilders gekennzeichnet. Dabei lässt der Ausbilder seine Azubis selbständig „machen“. Demzufolge liegt der Vorteil darin, dass Azubis frei und selbstbestimmt arbeiten können. Obendrein wird die Kreativität und Verantwortungsbereitschaft der Azubis gefördert, was eine Steigerung der Motivation zufolge haben kann. Wird der laissez-faire Führungsstil überzogen, dann wirkt der Ausbilder zu weich und ziellos. Kurzum, er wird zum Spielball der Azubis, die selbst das Gefühl haben, zu wenig zu leisten. Allerdings gibt es auch hier typische Situationen im Ausbildungsalltag, in denen der laissez-faire Führungsstil gefragt ist. Zum Beispiel:

  • Viele Aufgaben für erfahrene Azubis im 3. Lehrjahr.
  • Lehraufträge im Rahmen von Projektarbeiten oder Leittextaufgaben.
  • Die eigenverantwortliche Führung des Berichtsheftes.

 

Welche Macht die Ausbilder mit Ihrer Vorbildwirkung wirklich haben.

Ein Meister packt kräftig in der Werkstatt zu und ist sehr fleißig. Seine Auszubildenden eifern ihm nach, da er gute Arbeit bei ihnen anerkennt. Er wirkt für die Auszubildenden als Modell, weil er beliebt ist, als Meister eine gewisse Macht hat und das Übernehmen des Verhaltens „fleißig arbeiten“ verstärkt. Was aber, wenn die Geschäftsleitung den Meister jedoch ständig kritisiert? Dann  nehmen sich die Jugendlichen ihn nicht ohne weiteres zum Modell.

Albert Bandura entwickelte das Modelllernen, auch Lernen am Modell, Nachahmungslernen oder Beobachtungslernen genannt. Laut Bandura gibt es vier Voraussetzungen, um ein Modell erfolgreich nachzuahmen:

  • Aufmerksamkeit: ein Modell kann imitiert werden, wenn es beobachtet wird
  • Speicherung: das wahrgenommene Verhalten muss behalten werden, um auch später und bei Abwesenheit des Modells ausgeführt werden zu können
  • Motorische Reproduktion: um ein Verhalten gut reproduzieren zu können, muss die Person über die dazu benötigten motorischen Fähigkeiten verfügen
  • Bekräftigung und Motivation: die Person muss das wahrgenommene Verhalten als Bekräftigung erfahren und motiviert sein, dem Modell zu folgen

Bandura unternahm einen Versuch, um zu belegen, dass auch aggressives Verhalten durch Modelllernen entstehen kann: „Die klassische Demonstration des Beobachtungslernen stammt aus dem Labor von Albert Bandura. Kinder, die beobachteten, wie erwachsene Modelle eine große Plastikpuppe boxten, schlugen und traten, zeigten im weiteren Verlauf des Experiments häufiger derartige Verhaltensweisen als Kinder aus Kontrollgruppen, die die aggressiven Modelle nicht beobachtet hatten (Bandura et al. 1963 […]). Nachfolgeuntersuchungen erbrachten, daß Kinder aggressive Verhaltensweisen schon dann nachahmten, wenn sie die Modelle lediglich im Film gesehen hatten oder wenn die Modelle sogar nur Zeichentrickfiguren gewesen waren.“ Zimbardo & Gerrig (1999, 233)

[Zu: Aggression] „Seit langem kursiert  zudem die Theorie, dass ein Mensch umso aggressiver werde, je mehr Kontakt er mit anderen aggressiven Personen habe. Jeder lerne anhand von Vorbildern, welche Reaktion in bestimmten Situationen angemessen ist (Lernen am Modell).“ Meyers Lexikonverlag (2000, 248)“

 

Folgende Fragen können zur Reflexion von Ausbildern beitragen.

  • Gehe ich auf die Bedürfnisse meiner Auszubildenden ein?
  • Gewähre ich meinen Auszubildenden die erforderliche Rückmeldung?
  • Trage ich durch mein menschliches Verhalten dazu bei, zu überzeugen?
  • Weiß ich, warum Auszubildende zur mir oder auch nicht zur mir kommen?
  • Halte ich meine Auszubildenden zum Mitdenken und zu Eigeninitiative an?
  • Nutze ich Fehler meiner Auszubildenden als Orientierungshilfe?
  • Frage ich nicht nach dem Schuldigen, sondern nach der Fehlerquelle?
  • Sage ich meine Azubis, ob ich mit ihren Leistungen zufrieden bin?
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